Braun CSV 13 / 60

Braun CSV 13 (60) und kein Ende! Aufgrund der gehäuften Nachfrage habe ich den O-Reparaturbericht zu diesem Röhrenverstärker wieder online gestellt. Die meisten Fundstellen zu Reparaturen und Modifikationen zum Röhrenverstärker »Braun CSV 13« beruhen übrigens auf diesen Artikel von Anno Duzemals März 2006!

Eine gute Zusammenfassung nebst eignen Ideen liefert(e) übrigens Thomas van den Boom mit seinem Reanimierungsbericht.

Der Artikel ist redigiert und von Links »befreit«, weil die entsprechenden Internetseiten nicht mehr erreichbar sind. Also doch nicht mehr Original 😉


März 2006

braun_csv13 Keine Ahnung warum und weshalb jetzt eine Hype um den Braun CSV 13 ausgebrochen ist, aber scheinbar ist es mit Braun wie mit dem russischen Priboj-Röhrenverstärker der auch eine Zeitlang für kleines Geld bei eBay »geschossen« werden konnte und den man, mit Geduld und Spucke, sowohl optisch als auch technisch »aufhübschen« kann bzw. konnte.

Oder ist es die Retro-Liebe (Röhre und DIN-Buchse) die zu dieser Hype führt?

Das vom technischen Gesichtspunkt der CSV-13 nun wahrlich kein Überflieger ist, ist der Zeit zuzuschreiben in der er auf den Markt kam: 1961 / 1962! Also mitten in der Röhren-Hochzeit als es auch die ersten bezahlbaren hochkapazitiven Elektrolytkondensatoren und Halbleitergleichrichter aus Selen gab. Wobei Hochkapazitiv relativ ist. Zu dieser Zeit waren z.B. 100µF Siebkapazität im Netzteil doch recht aussergewöhnlich. Und auch Silizium-Brückengleichrichter waren noch längst nicht Stand der Dinge.

Es war das Design, welches die aufkommende Upperclass (vornehmlich Freiberufler wie Ärzte, Architekten oder Innenausstatter) zu diesem Gerät greifen liess. Bloß weg vom muffeligen, braunen und klobigen Holzgehäuse. Geräte von Braun waren hell, schlicht und übersichtlich. Wer mit einem Braun HiFi hörte (oder sah), der war en vogue. Und diese Einstellung hielt sich übrigens bis Mitte der 1970er-Jahre.

Doch bei aller Design-Schönheit – gerade die ersten Geräte, zu denen auch der CSV 13 gehörte, waren technisch alles andere als ausgereift. Der Kostendruck machte sich zudem stark bemerkbar. So hat man mit dem CSV 13 auch elegant am Markt vorbei produzierte [Stichwort Entzerrerkennlinie für »TA« (Tonabnehmer = Schallplattenspieler) ist nicht nach RIAA sondern CCIR].

Wie dem auch sei. Heute einen Braun-Röhrenvollverstärker betreiben zu wollen ohne eine entsprechende (tolerante) Haftpflichtversicherung abgeschlossen zu haben, ist äussert Risikoreich. Für Hardcore-Braun-Liebhaber gehört ein Feuerlöscher zum HiFi-Equipment einfach dazu. Und das nicht wegen des Klanges. Während im CSV 13-Modell die Gefahr der Spannungsüberschläge im Ausgangsübertrager lauerte, war es im CSV 60-Modell die beachtliche Wärmeentwicklung, die die Endröhren (»Fernsehröhren« PL500) produzierten.

Nun denn. Design hin, Technik her. Wer sich seinen Braun-Röhrenverstärker nicht in die Vitrine stellt sondern ihn auch nutzen will, der kommt um ein paar Umbauten nicht drumherum. Ich habe versucht, mehrere Wege aufzuzeigen, die man gehen kann. Nicht alle sind der Weisheit letzter Schluss!

Über eines sollte man sich im klaren sein: Mit dem CSV 13 (60) Röhrenverstärker wird kein HiFi oder gar HighEnd nach heutigen Massstäben erreicht werden. Und trotz aller Umbauten und Modifikationen: das technische Flair der 60’er-Jahre sollte erhalten bleiben. Wer das alles nicht will, soll sich den Braun eben in die Vitrine stellen. Schon alleine aus versicherungstechnischen Gründen.

Nachträglicher Hinweis: Es ist keine schlechte Idee, alle Kondensatoren und Trimmpotis auszutauschen. Die »Festwiderstände« sind zu überprüfen.

Mit technische Informationen hatte mich seinerzeit vor allem Welter-Electronic unterstützt, der für den Braun CSV 13 auch neue Übertrager anbietet!

braun-csv13Das für grossartige Umbauten oder Zusätze eigentlich kein Platz ist, zeigt die Innenansicht. Links die beiden Übertrager, rechts der Netztrafo. Hinten, in wunderschönen Falschfarben, die vier EL84 und vorne der Rest. Allerdings ist es der Rest, der einen zusetzen kann. Auch ich habe mich zunächst von den vielen Tricksereien, Kondensatörchen und Schalterchen irritieren lassen. Typisch für Braun: einen Mehrfach-Drehschalter so zu beschalten, dass sich der Fachmann wundert und der Laie staunt.

Den Leistungskatalog entnehmen wir diesen Service-Unterlagen. Weil explizit danach gefragt wurde, ist dieses PDF zur Phonostufe interessant.

phonostufe-braun-original Entgegen der ersten Annahme, dass man es mit einem zweistufigen Phonoverstärker zu tun hat, entpuppt sich dieser Bereich als einstufig. Die zweite Stufe wird auch für andere NF-Eingänge mitbenutzt. Die Eingangsimpedanz von 33kΩ stellt für heutige Rillenkratzer auch ein Anpassungsproblem dar. Das passive Entzerrerglied ist zwar brauchbar aber nicht nach RIAA dimensioniert, sondern nach CCIR! Damit die Phonovorstufe auch mit modernen Plattenspielern einigermassen vernünftig zusammenarbeitet, sind einige Anpassungen notwendig. Das Entzerrernetzwerk kann, muss, komplett saniert und der Stufe noch einen zusätzlichen kleinen Siebelko (direkt am Anodenwiderstand des Röhrensystems) verpasst werden. Welcher Plan der neuere ist, dürfte nicht schwer zu erraten sein.

phonostufe-braun-neuIm Grunde sind nur zwei neue Bauteile hinzugekommen, der Rest ist die Beibehaltung der bisherigen Schaltung jedoch mit anderen Bauteilwerten. Im allgemeinen kommt man mit der Eingangsbeschaltung von 47kΩ und 47pF gut aus. Die untere Grenzfrequenz wurde – man bedenke, dass es sich um Phono handelt – auf knapp 16Hz (herauf-) gelegt. Der gegen Masse geschaltete 100kΩ-Widerstand (nach dem 100nF-Koppelkondensator) kann meiner Meinung nach auch entfallen.
Neues Schaltbild, inkl. Referenz zur Ursprungsschaltung am Ende der Seite.

Wem diese Umgestaltung nicht behagt, der belässt die Schaltung so wie sie ist, ändert aber den Gitterwiderstand von 33kΩ auf 47k? (setzt evtl. noch den 47pF-Kondensator ein) und den 2,2MΩ-Widerstand (R104 bzw. R204) auf 1MΩ. C4 ist dann auf 47µF zu erhöhen.

Warum diese Umbaumaßnahmen? Das Original-Entzerrernetzwerk ist RIAA zwar ähnlich, bei CCIR kommt jedoch noch eine vierte Zeitkonstante hinzu. Um also die Schneidkennlinien von RIAA-Schallplatten korrekt zu entzerren, ist auf jedenfall eine Anpassung des Entzerrernetzwerks erforderlich.

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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