Yaqin MS30

Es ist der Phase-Splitter. Statt »Long Tailed Pair« eine simple Kathodyn-Schaltung. Die »Ur-Form«, um mit Röhren gegenphasige Signale zu erhalten. Diese hat allerdings mehr Nachteile, als Vorteile.

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Nicht umsonst haben pfiffige Köpfe nach einer besseren Lösung gesucht und beispielsweise mit der Long Tail Pair auch gefunden. Der Pfiffikus hiess diesbezüglich übrigens Alan Blumlein. Das nur mal so.

Nach dem Phase-Splitter fungieren zwei weitere triodisierte Pentoden nur als Treiber für die EL34. Da die Kathodyn im Gegensatz zur »Long Tail Pair« nicht verstärkt und eine (schlappe) Verstärkerstufe nicht ausreicht, muss natürlich ein Treiber her. Voila, dann kommt man eben auf vier Vorstufenröhren. Nett.

Damit ist ja alles wieder im Lot. Aber das erklärte nicht den »nuscheligen« Bass. Man kann der Kathodyn ja alles nachsagen, aber nicht so etwas. Also suchen, finden, korrigieren.

Schaltungskorrektur

Anhand des Plans lässt sich das MS30-»Paradoxon« relativ schnell finden und ebenso relativ schnell beheben. Nicht alles, was auf der Platine steht, muss man so bestücken. Da kann sich jemand auch mal vertan haben. Soll ja vorkommen. Auf der Platine steht ja auch MC30 obwohl es kein MC30 ist, sondern ein MS30. Oder MS77…

Netterweise hat man im Schaltplan das »Böckchen« gleich mit eingezeichnet, so dass hier grossartige Nachforschungen nicht nötig waren. Ich hasse es, aber ich muss es jetzt sagen: »Das hat’s früher nicht gegeben«. Bei Yaqin, meine ich.

Also nochmal Korrektur und dabei die Eingangsröhre als Pentode (!) beschaltet. Und dann wird die EF95 bzw. das amerikanisches oder russisches Pendant richtig wach. Witzigerweise wird damit die klangliche Eigenart der Kathodyn-Schaltung fast schon »neutralisiert«.

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Habe ich übrigens schon das Lötzinn erwähnt? Das ist nämlich »richtiges« Lötzinn. Wirklich. Nicht mehr dieses Dachdeckerlot, dem man nur mit einem 100W-Bräter beikommen konnte.

Trioden- / Ultralinearmodus

Was soll ich sagen? Und schon wieder dieses unsägliche Umschaltgedöns. Irgendeiner sollte den Herstellern mal den Williamson (Triodenmodus-Spezi) und / oder Hafler & Keroes (Ultralinear-Erfinder) an’s Herz legen. Ent oder Weder – beides zusammen geht nur mit »Kompromissen« – meist zu Lasten des Triodenmodus…

Besonders was Ultralinear angeht hat dieser MS30 nichts mit Ultralinear an sich zu tun. Diese Art der Schirmgitter-Gegenkopplung hat eher etwas mit dem eigentlichen Erfinder derartiger Schaltung (wieder Alan Blumlein) zu tun. Es gibt da übrigens eine »militante« Ultralinear-Fraktion, denen man nicht mit so etwas kommen sollte. Und auch Mr Hafler reagierte früher auf so etwas allergisch, wenn man das Ultralinear nannte…

Es wird gar nicht lange gefackelt und diese – für die Endröhren – letale Waffe ausser Funktion gesetzt. Auch die als »Schutz« gedachte Beschaltung, die aber kaum schützt, sondern eher die EL34 etwas »durcheinander« bringt. Auch von einem anderen Hersteller abgeschaut…

Triodenmodus? Völlig überbewertet.

Zum Schluss:

Chapeau!

Den Hut ziehen musste ich bei einer anderen Schutzschaltung. Ich hab’s nicht bis in’s Letzte ausprobiert, aber ich schätze, dass es mit dem MS30 schwer möglich sein wird, eine EL34 zu überlasten. Diese Schaltung reagiert sogar auf eine »randalierende« Röhre, also eine Röhre, die alles macht, bloss nicht vernünftig arbeiten.

Von der Kathode führt eine Leitung zu einem Trigger-Schaltkreis. Übersteigt die Spannung an der Kathode, an der man ja auch den Ruhestrom ermittelt, einen Spannungswert, schaltet der Trigger durch und lässt die Stromzufuhr zunächst unterbrechen. Das sollte ein akutes Warnsignal sein!

Da dieses schwarze Kästchen (IC) aber auch noch als Timer für die Einschaltverzögerung arbeitet, wird irgendwann der Strom wieder zugeschaltet. Wenn der MS30 also dauernd »An und Aus« geht, dann liegt es mindestens an einer Endröhre. Im besten Fall ist »nur« der Ruhestrom viel zu hoch.

Das ist so simpel. So einfach. Warum ist da noch keiner eher ‘drauf gekommen? Ein 08/15 Baustein, den es schon seit »ewig und drei Tagen« (mindestens) gibt – nur mal konsequent verwendet.

Das ist so ziemlich die beste und sinnvollste Kombi von Halbleiter- und Röhrentechnik. Geht ganz ohne Computer. Nix mit »Smart« – aber Clever.

Das war’s.

Der MS30 »nuschelt« nicht mehr. Den Kathodyn-typischen »Knaller-Bass« gibt’s allerdings auch nicht. Das Klangbild kann man durchaus als »rund« bezeichnen. »Vernünftige« Röhren vorausgesetzt.

Wie unschwer zu erkennen, ist dieser Artikel zum »Yaqin-Tuning« ungewöhnlich »anders«. Wenn aber etwas gut ist, oder Fortschritte gemacht wurden, dann darf man das auch mal erwähnen.

Wäre nicht die Sache mit dem China-Import, die wohl immer noch blinde Endkontrolle… Würde man zudem aufhören den Blödsinn anderer Hersteller nachzuäffen… Dann… Ja, dann könnte man so etwas tatsächlich als »Einsteigermodell« empfehlen. Ja, wirklich.

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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