Übertrager für Röhrenverstärker

In einem Röhrenverstärker ist der Übertrager das qualitätsbestimmende Bauelement! Vorausgesetzt natürlich, alles andere stimmt – also Schaltung, Bauteile und deren Dimensionierung.

Häufig wird jedoch mehr Geld für ein Satz Röhren oder gar »Wunder-Kondensatoren« ausgegeben, als für einen wirklich guten Ausgangsübertrager. Allerdings ist die Gefahr hier mit Zitronen zu handeln auch nicht unbedingt gering.

uebertrager

Mythos HiFi-Übertrager?

Begibt man sich auf die Suche nach Empfehlungen, wer Übertrager oder Netztrafos herstellt (und das noch möglichst billig), sind die Namen von »Trafowicklern« Legion.

Die Anzahl dünnt sich jedoch überproportional sehr schnell aus, wenn man auf die Eigenschaft VDE achtet.

HiFi hin, HighEnd her – Das Leben ist mir wichtiger.
Äh… Halt. Moment.

Alles Trafowickler, oder watt?

Der Begriff »Trafowickler« ist so nicht ganz richtig. Zumindest nicht die, die nach VDE-Richtlinien arbeiten müssen. In gut 99% aller Fälle sind die meisten auch noch DIN EN ISO 9001 zertifiziert.

Vergessen Sie die romantische Vorstellung, dass da jemand stundenlang Kupferdraht auf einen Spulenkörper wickelt (womöglich becirct von vergeistigten HiFi-Jungfrauen).

Vergessen Sie überhaupt Handarbeit. Hände kommen nur ins Spiel, um die Maschine zu rüsten, um Daten in den Computer (!) einzugeben und letztendlich den Start-Knopf zu drücken. Alles andere geschieht vollautomatisch.

Merke: Bei solchen Dingen ist »manuell« oder »halb-manuell« kein Qualitätsanspruch. Es gibt Dinge, die können Maschinen einfach besser. Und genauer. Mit Maschinen meine ich übrigens nicht Bohrmaschinen-Konstruktionen mit dem »Fischer-Technik Baukasten«.

Für diese »Trafowickler« ist es ausserdem völlig egal, ob ein Netztrafo, ein Übertrager (Gegentaktübertrager, Eintaktübertrager) oder eine Drossel gewickelt werden soll… Scherz.

Natürlich gibt es auch für einen »Trafowickler« Unterschiede zwischen Netztrafo und Übertrager. Der Netztrafo oder die Drossel ist lediglich einfacher herzustellen. Bei einem Übertrager ist das etwas komplizierter.

So z.B. das Thema Verschachtelung, ohne die ein Übertrager kaum zufriedenstellend arbeitet – die verschachtelte Wicklung verringert bei einem Übertrager ja auch die unerwünschte Streuinduktivität.

Sorry, jetzt wird es etwas technisch. Lässt sich leider nicht vermeiden.

Wickel-Technik

Für einen gestandenen Elektroingenieur gehört das alles zum kleinen Einmaleins der Ingenieurskunst und ist wahrlich keine Hexerei (auch wenn das oftmals anders dargestellt wird).

Weil das »Wickel-Gedöns« für Otto-Normalverbraucher doch komplizierter und nicht so leicht durchschaubar ist, kann man mit der einen oder anderen Sache wunderbar Religion betreiben.

Meistens pickt man sich etwas heraus, hebt diese Eigenschaft hervor und verschweigt elegant die »Risiken- und Nebenwirkungen«. Oder aber man verdreht den Sachverhalt solange, bis es ins (Verkaufs-) Konzept passt.

Ohne jetzt allzutief in das Thema einzudringen der Erklärungsversuch, was tatsächlich dahinter steckt. Und das so einfach wie nur möglich.

Zunächst: Alle Übertrager-Eigenschaften müssen im Zusammenhang betrachtet werden! Das herauspicken von bestimmten Eigenschaften ist Augenwischerei.

Die Bauform, also z.B. EI- oder M-Kerne, bleibt hier aussen vor. Genauso wie die »Einkammertechnik«. Fast jeder Übertrager, den ich gesehen habe, hatte nur eine Kammer…

For Beginners: Spulen

Man hat mit Induktivität immer dann zu tun, sobald Draht gewickelt und zu einer Spule »geformt« wird. Die Maßeinheit für Induktivität ist Henry (H).

Für Wechselstrom stellt so eine Spule einen nennenswerten Widerstand dar. Bei Übertragern ist das auch der Arbeitswiderstand für Röhren – Ra in KiloOhm für Eintakter, Ra/a in KiloOhm bei Gegentakter.

Gleichstrom kann diesen Wickel fast ungehindert passieren – dem Gleichstrom interessiert nur der reine Drahtwiderstand (manchmal schöngefärbt als Kupferwiderstand).

Das »nicklige« an einer Spule ist, dass sie auf die Frequenz des Wechselstroms mehr oder weniger empfindlich reagiert und sich z.B. bei 20Hz anders »verhält« als bei 1kHz. Auch beeinflussen sich die Primär- und Sekundärwicklungen gegenseitig.

Sö ähnlich sich ein Netztrafo und Ausgangstrafo (Übertrager) auch sind – wesentlicher Unterschied ist, dass der Übertrager gleichstrommäßig vorbelastet und der Eisenkern damit vormagnetisiert wird. Diese gespeicherte Energie muss abgebaut werden.

Fällt also z.B. das Lautsprecherkabel ab, steht der Ausgangstrafo dumm da und weiss nicht, wohin mit der Energie. Irgendwann wirds halt zuviel und die Energie fliesst dahin zurück, woher sie kam…

Funkenüberschläge an den Röhrenanschlüssen sind dann das harmloseste, was passieren kann.

Jede Spule hat aber neben der gewünschten Induktivität auch eine unerwünschte Induktivität im Gepäck. Bei Übertragern ist das die

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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