Eine GZ34 ist eine GZ34…

Der Messparcours

Ein real existierenden Verstärker. Also weitab von idealen und damit realitätsfernen Laborbedingungen. Auserwählt wurde dazu „mein“ 5-20-ähnlicher Stereoverstärker (Class-A, Pentodenmodus). Um Vergleichswerte zum Original (Sollwert 465V in Mono) zu erhalten wurde einmal nur ein Kanal mit EL34 bestückt (ca. 100mA-Last), ein anderes Mal als Stereoanwendung (ca. 200mA-Last) – ohne Aussteuerung.

Die dritte Spalte gibt das Verhalten der Röhren bei Aussteuerung (1kHz-Sinus) wieder. Ausgesteuert wurde soweit, dass der Verstärker etwa 250mA zog (also die Stromentnahme auf die sich die Vdrop-Angabe bezieht). Praktisch wird man kaum in diesen Bereich kommen, weil der Verstärker dann schon nahe der „Clipping-Grenze“ ist.

Die Betriebsdauer betrug jeweils 10 Minuten, bevor die Messwerte aufgenommen wurden. Zwischen den Messvorgängen hatten die Röhren Gelegenheit, sich abzukühlen. Die 1956’er-GZ34 wurde einmalig zuerst und – wie erwähnt – unter Zeitdruck gemessen.

Der Praxistest

Die Kaltspannung am Ladekondensator betrug bei allen Gleichrichtern gerundete 530V. Um die 5U4 zwischendurch sofort testen zu können, wurden die zwei Ausgleichswiderstände auf 47Ω (statt 25Ω) erhöht.

Am 10µF-Ladekondensator wurden die folgenden (gerundeten) Betriebsspannungswerte gemessen.

  Typ         Last ca.    100mA    200mA   250mA    Bemerkung

1956'er-GZ34              465V     430V    410V     Mullard
RSD-GZ34                  465V     435V    415V     gebraucht
Sovtek-5AR4               470V     445V    420V     bei Rtr gutmütig
1963'er-GZ34              475V     450V    425V     Mullard
Shuguang-GZ34             480V     450V    420V
TAD GZ34-STR              480V     450V    425V
JJ-GZ34S                  485V     450V    430V     etwas zickig

5U4GB (EH)                455V     420V    380V
5T4 / 5U4                 460V     415V    390V     max. 225mA

No-Name GZ32              485V             470V     max. 125mA

Anmerkung zum Praxistest

Die 5U4xx läuft ausserhalb der Wertung, weil man damit in den ersten Sekunden ein gefährliches Spiel mit den Toleranzen bei der Spannungsfestigkeit der Siebkondensatoren spielt. Zumindest der erste Siebelko sollte die Kaltspannung (!) sicher „verknusen“ können (der Lade-C sowieso)… Generell weisen die 5U4-Typen einen deutlich höheren Vdrop-Wert auf.

Die GZ32 wurde nur in der Monoversion getestet, weil sie eben nur bis max. 125mA spezifiziert ist. Die 5U4 bzw. 5T4 wurden mit maximal 225mA belastet.

Bis auf das 1956’er-Glas wurde der Testlauf unter den gleichen Bedingungen – mit ähnlichem Ergebnis – wiederholt (Tagesform der Netzspannung). Dabei fiel die JJ-Röhre etwas aus ihrer Rolle. Mit Verringerung der Ausgleichswiderstände auf 25Ω war die Welt wieder in Ordnung.

Zu beachten ist, dass die Kapazität des Ladekondensators – besonders bei der GZ34 / 5AR4 – auch noch eine kleine Rolle spielt.

Die Interpretation der Daten überlasse ich jedem selber.

Fazit

Generell: Ein Vergleich von gut abgehangenen bzw. über 30 Jahre alte und damit gut gebrauchten (um nicht zu sagen ausgelutschten) Röhren, mit Neuware ist ganz grosser Kokolores. Sollte klar sein.

Eine GZ34 ist keine GZ34 ist keine 5AR4. Bevor blind getauscht wird, sollten Messgeräte bereit stehen (die man auch noch bedienen kann). Erst recht, wenn auf dem Glas „GZ34 / 5AR4“ steht. Vorsicht ist auch bei 5AR4-Röhren von General Electric angesagt. Denn, lt. Datenblatt, sind das „normale“ GZ34 (Vdrop: 17V)!

Der 5-20’er-Verstärker (1955 vorgestellt) hatte ursprünglich die Gleichrichterröhre GZ32 vorgesehen. Mit exakt den gleichen Messwerten soll’s später auch mit der GZ34 funktioniert haben – und das würde bedeuten, dass sie einen höheren Vdrop als 17V haben musste.

Erschwerend bei den Nachforschungen war der Umstand, dass immer nur von einer „sehr frühen“ GZ34 geredet wurde. Eine halbwegs konkrete Jahreszahl wurde nicht genannt.

Zum guten Schluss: In dem VTV-Artikel habe ich auf Seite 23 nachträglich einen Absatz markiert, den ich einigen HiFi-Bastlern nur wärmstens an’s Herz legen kann. Wer keine Möglichkeit hat, die Hochspannung zu verringern, sollte – mit entsprechendem Umbau – die 5T4, 5U4 bzw. 5U4GB in Betracht ziehen. Wer, wegen der Anforderung des Heizstroms, keine Möglichkeit dazu hat, muss tricksen.

Hinweise

Vorsichtshalber. Dieser Artikel stellt lediglich ein Versuch dar, die „Hochohmigkeit“ besonders der 1950’er Mullard GZ34 auf den Grund zu gehen. Was es mit der 5AR4 wirklich auf sich hat, bin ich auch nicht viel weiter gekommen. Es kann sein, dass ich irgendwo falsch abgebogen bin (ist mir letztendlich auch egal).

Auch wenn die Tendenz klar ist, will ich das Testergebnis – so wie durchgeführt – nur als bedingt aussagekräftig bzw. allgemeingültig bzeichnen. Auch, weil der Aufbau der Siebkette eine ganz entscheidende Rolle spielt. Wie sich das alles klanglich bemerkbar machen soll, habe ich dagegen nicht „untersucht“, weil 1. hochgradig subjektiv, 2. die Sache mit der Selbstsuggestion und 3. keine Zeit…

Nicht zuletzt eine Anmerkung: Ich habe das Gefühl, dass sich die militanten Röhren-HiFi-Freaks mittlerweile schlimmer geben, als die Musiker es je waren. Verglichen mit denen waren/sind die Musiker das reinste „Kaffeekränzchen“.

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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