Jetzt mal ehrlich! Wer liest sich die Daten im Röhrendatenblatt wirklich alle genau durch? Wetten, dass eine Angabe zunächst einmal überhaupt nicht beachtet wird? Na?
Erst wenn es aus unerklärlichen Gründen brummt (trotz Gleichspannungsheizung oder Symmetrierung), uns der Verstärker was pfeift oder zirpende Geräusche von sich gibt, alle Nase lang defekte Röhren produziert werden – erst dann schaut man nochmals genauer ins Datenblatt. Natürlich erst dann, wenn ein „alter Hase“ uns darauf aufmerksam gemacht hat, mal eine Röhrenschaltung und diese eine Angabe genauer unter die Lupe zu nehmen. Gemeint ist das Spannungspotential (U) von Heizfaden (filament f) und Kathode (k). Abgekürzt Uf/k.
Uf/k ohne Ballast
Normalerweise reicht bei einer Wechselspannungsheizung die übliche Symmetrierung der Spannung gegen Masse. Das funktioniert schliesslich schon jahrzehntelang so. Aber manchmal reagieren die Röhren (und hier sind besonders Röhren neueren Datums betroffen) in einer bestimmten Schaltungsumgebung einfach nur zickig.
Besonders in Vor- und Treiberstufen von Verstärkern kann ein festes Spannungspotenzial des Heizfadens handfeste Vorteile bieten, zumal dann, wenn diese mit Gleichspannung beheizt werden. Man spricht gemeinhin auch von Heizspannung hochlegen.
Symmetrierung mit Widerständen
In vielen Röhrenverstärkern wird die Heiz-Wechselspannung mit zwei 100Ω-Widerständen symmetriert. Das funktioniert bei den üblichen Verdächtigen (ECC81, -82, -83, EL34, KT88 usw.) ganz ordentlich. Aber: Dieser Widerstandswert stellt bereits die Grenze dar, wo die Symmetrierung „noch wirkt“. Viel besser und für die Röhren „gesünder“ ist ein niedrigerer Widerstandswert – nämlich 50 Ohm, oder, um den nächsten Normwert zu nehmen: 47 Ohm. Bei direkt geheizten Röhren (300B, 2A3, 845) soll es dagegen noch weniger sein: Gut sind 22 Ohm, maximal jedoch 33 Ohm.
Diese Symmetrierwiderstände werden in Verstärkern mit indirekt geheizten Röhren oft genug einfach „vergessen“. Frühere Röhrenverstärker wiesen zwar auch keine solchen Bauelemente auf, dafür aber einen symmetrischen Heizspannungsanschluss am Netztrafo (z.B. 3,15V – 0V – 3,15V).
Spannungspotential von Kathode und Heizfaden
Wir befolgen jetzt mal den Hinweis des „alten Hasen“ und schauen uns zunächst die Röhren-Datenblätter einmal genauer an. Irgendwo steht meistens so etwas ähnliches wie der absolute Grenzwert Uf/k. Hier einige typische Werte:
ECC81: 90V ECC82: 180V ECC83: 180V ECC85: 90V E88C: 125V E83CC: 200V E82CC: 100V EF85: 150V EL84: 100V EL34: 100V 6AS7G: 200V 6L6GC: 200V PL509: 220V EL156: 50V 6550: 200V
Diese Angaben haben die Röhrenhersteller nicht ohne Grund mit ins Datenblatt genommen!
Es ist hilfreich, sich mit dem prinzipiellen Aufbau eines (indirekt beheizten) Röhrensystems zu beschäftigen. Zwischen Kathode und Heizfaden besteht keine direkte Verbindung. Aber eine in Form eines kapazitiven Widerstandes (Isolationsmaterial des Heizfadens, „unsauberes“ Vakuum). Zwischen diesen beiden „Polen“ (Heizung, Kathode) darf der Spannungsunterschied (eben das Potential) einen bestimmten Wert nicht überschreiten. (Im Bild steht F für Filament = Heizungsanschluss, K für Kathode)
Eine Röhrengrundschaltung mit Tücken
Nun gibt es in der Röhrentechnik bekanntlich nur drei Röhrengrundschaltungen: die Gitterbasisstufe (für Audio-Zwecke angeblich „kaum“ zu gebrauchen), die Kathodenbasisschaltung (das NF-Signal wird an der Anode abgegriffen) und die Anodenbasisschaltung – besser bekannt als Kathodenfolger (das Signal wird an der Kathode abgegriffen).
Kurz zur Erklärung:
Die Kathodenbasisschaltung verstärkt ein Signal. Die Phasenlage ist jedoch gegenüber dem Eingangssignal um 180° verschoben. Eine weitere Kathodenbasisschaltung ist nötig, um die Phasenlage wieder zu „korrigieren“. Nachteil: Das Signal hat mit einer hohen Ausgangsimpedanz zu „kämpfen“.
Die Verstärkung der Anodenbasisschaltung (Kathodenfolger) ist immer kleiner Eins (<1). Sie verstärkt also nicht. Dafür entspricht die Phasenlage des Ausgangssignals dem des Eingangssignals. Auch ist die Ausgangsimpedanz wesentlich niedriger als bei der Kathodenbasisschaltung. Vereinfacht kann man sagen, dass man bei dieser Röhrengrundschaltung nahezu das „herausbekommt“, was man „hineingesteckt“ hat – aber mit einer sehr niedrigeren Ausgangsimpedanz. Und niedrige Impedanzen sind in der NF-Technik (fast) immer gut.
Der Kathodenfolger wird sehr gerne als Impedanzwandler in „dicken“ Röhrenverstärkern genommen! Beispielsweise im Yaqin MC-100B! Hier arbeiten zwei 6SN7-Triodensystem als Impedanzwandler auf die KT88-Endröhren. Der Kathodenfolger „versteckt“ sich aber auch gerne in anderen Schaltungen…
Und dieser Kathodenfolger (Anodenbasis) hat es auch faustdick hinter den Ohren!
Bedingt durch den erheblichen Spannungsunterschied zwischen Heizung (üblicherweise 6,3 Volt) und Kathode (oftmals weit über das 30-fache der Heizspannung) können Ströme fliessen, u.U. kann die Isolation zwischen Kathode und Heizfaden Schaden nehmen. Bei unzureichender oder fehlerhaften Isolation kann sich die Heizwechselspannung (50Hz) in die Kathode induzieren und – es brummt. In einer anderen Schaltungsvariante pfeift’s oder zirpt’s. Hier ist ausdrücklich SRPP zu nennen.
Grobe Pi-mal-Daumen-Formel: Je höher die Betriebsspannung und je kleiner der NF-Pegel der verstärkt werden muss und je niedriger der Uf/k-Grenzwert, desto grösser die Gefahr, dass uns die Röhre das Überschreiten des Uf/k gnadenlos „um die Ohren haut“.
Was tun? Einfach eine neue Röhre einsetzen? Kann man machen. Wird auf Dauer aber doch etwas teuer. Man kann sich auch einer Formel bedienen und etwa zwei Euros investieren.
Achtung: In einer Verstärkerschaltung, die den Kathodenfolger als Impedanzwandler für die Endröhren vorsieht, ist die max. Uf/k weit weniger kritisch!