Die Schaltung
Vorne eine EF86, als Phasen-Spalter muss eine ECC83 herhalten. Die EL34-Endröhren arbeiten im Triodenmodus und das noch in reinem Class-A. Ausgangsleistung, lt. Recherche, gerundete 2x 12W in Gegentakt. Aus vier EL34. Mit 20W pro Kanal könnte ich ja leben, aber nicht mit 12W. Da hätte man seinerzeit auch EL84 für nehmen können.
Trotzdem: Das Ganze hat nicht nur verflucht viel Ähnlichkeit mit einer Mullard-Schaltung aus den 1950’er-Jahren – das ist Mullard. Einziger grosse Unterschied ist die Beschaltung der Endröhren. Später fällt mir die gleiche Schaltung aber mit unterschiedlichen Betriebsmodi (Trioden- bzw. Pentodenmodus sowie Distributed Load aka „Ultralinear“), für die Endröhren in die Hände.
Es gibt also nicht diese eine Mullard-Schaltung. Apropos Mullard: Entwickelt wurde u.a. diese Schaltung von einem gewissen Ferguson. Seinerzeit ein anerkannter Entwickler. Das nur nebenbei.
Das Netzteil mit GZ34-Gleichrichterröhre entspricht schaltungstechnisch auch so im Groben dem des Decca-Verstärkers. Nur statt Drossel ein Siebwiderstand und dass die Siebkapazitäten „verstärkt“ wurden… Nur: Warum wurde in „meinem“ Decca eine 5U4 statt GZ34 eingesetzt…?
An den Kathoden der EL34 befinden sich – seriell beschaltet – ein dicker 470Ω-Widerstand, ein 2W 50Ω-Regler und schlussendlich ein kleiner 47Ω-Widerstand.
Insgesamt eine Röhrentechnik die auf Standfestigkeit und auf Langlebigkeit gezüchtet wurde. Kennt man heute gar nicht mehr. Besonders die Hersteller gewisser Designer-Verstärker sollten sich nicht mal eine, sondern zehn gaaanz dicke Scheiben davon abschneiden…
Innenleben: Erster Eindruck
Was erwarten Sie von etwa 60-jähriger Röhrentechnik? Das ist gelebte Geschichte. Und dazu gehört leider (!) auch, dass man darin schon – mehr oder weniger sinnig – herumgefuhrwerkt hatte. Und das, so wie ich das feststellen konnte, wohl von zwei verschiedenen Bastlern (Einer, der das Teil vor’m Schrott bewahrte, ein Anderer so ab den 1980’er Jahren).
Der Miniaturschalter (neueren Datums) an der Rückwand dient als Netzschalter. Keine Frage, das Ding wird ersetzt. Auch der Lautstärkeregler (von den nicht isoliert eingebauten Cinch- bzw. RCA-Buchsen rede ich nicht) ist so ein gebasteltes Dingsbums neueren Datums. Mit 220kΩ ist der Regler zudem ein „klein wenig“ daneben dimensioniert und auch „nicht ganz“ sinnig beschaltet.
An den Anoden der Gleichrichterröhre hängen 25Ω-Ausgleichswiderstände, die bereits ersetzt wurden. Diese sollen die 410V-Wechselspannung auf 400V „drücken“. So steht’s auf jedenfall in der Anleitung zum Mullard 5-20.
Der kleine Sherlock Holmes
Ein Grossteil der bereits ersetzten Kondensatoren (Elkos) stammen aus den 1970’er-Jahren. Besonders die orange-roten Siemens-Elkos (22µF/350V). Nicht weil da Siemens draufsteht, sondern wegen der orange-roten Ummantelung. Das war (u.a.) die „Siemens-Farbe“ der 1970’er bis Anfang der 1980’er-Jahre. Ausserdem steht das Herstellungsjahr drauf…
Was mich jedoch wunderte, waren die zweifelsohne originalen (deutschen) WIMA-Folienkondensatoren. In einem „englischen“ Gerät? Aus den 1960’ern? Ungewöhnlich… Die länglichen ovalen „Senfkondensatoren“ (Philips), deren Kapazitätswert nicht dem Schaltplan entsprach.
Bei Überprüfung der Röhrenschaltung fiel noch das kleine knallgelbe Bonbon auf. Auch nicht Original. Was hat der denn da zu suchen? Okay, lassen wir das Teil mal zunächst in Ruhe.