Röhrenverstärker von Decca

Vor- bzw. Treiberstufe

Pro Lötleiste wollten nur drei bzw. vier Bauteile ersetzt werden. Nur… Das Prozedere erforderte ein gerüttelt Maß an Geduld. Trotz aller Geduld, manchmal ging’s nicht anders und das ein oder andere Bauteil musste abgekniffen werden, weil die Verlötung der Bauteile schon etwas speziell war.

Bei der Revision orientiere ich mich am Mullard-Plan. Die Siemens-Elkos (22µF/350V), die als Ersatz für die 8µF-Kondensatoren eingeflanscht wurden, werden durch 10µF/500V-Kondis ersetzt. Ersetzt wird auch der Lautstärkeregler. Die Cinchbuchsen waren elektrisch leitend mit dem Metall-Chassis verbunden. Also mussten neue Buchsen her, die isoliert neu verbaut wurden. Teilweise wurde neu verkabelt.

Hört sich alles unspektakulär an, war’s im Prinzip auch. Nur eben relativ zeitaufwändig. Mit „mal eben so“ war es nicht getan, vor allem weil sich alte Drähte oder Lötverbindungen nur ganz schlecht mit neuen Bauteilen verbinden wollten (Dreck und die typische schwarze Oxidationsschicht). Bevor also gelötet werden konnte, mussten die Lötstellen (chemisch) gereinigt werden.

An der Gegenkopplung ist auch ganz gut herumgefummelt worden. Mullard gab hier 8,2kΩ parallel zu 300pF an. Das Decca-Original sah 5,6kΩ plus 200pF vor (zumindest ist es so verbaut worden). Das Ganze wurde „gepimpt“ auf 4,4kΩ plus zusätzliche 220pF (das knallgelbe Bonbon). Insgesamt also über 400pF in der Gegenkopplung. Das braucht man nicht zu hören, das bedeutet nur eins: ein muffig-matschiger Klang.

Etwas genauer: Die Gegenkopplung steht im direkten Zusammenhang wie die EF86 an der Anode beschaltet wurde. Da befindet sich nämlich auch noch ein „kleines“ Filterchen. Also, raus mit der gepimpten Gegenkopplung.

Danach wollte das Ganze natürlich getestet werden. Und da sind wir wieder beim Netzteil – bzw. beim vertagten „Problemchen“. Erst musste das gelöst werden… Es folgte eine intensive Recherche speziell zu der Mullard-Schaltung.

Die Ursachen des „Problemchens“…

Die vorgefundenen zwei seriell geschalteten Widerstände wurden – wohl von Decca – zum Spannungsteiler und somit zum „Entladewiderstand“ umfunktioniert. Im Mullard-Original waren diese Widerstände parallel geschaltet und versorgten das Radioteil mit Spannung.

Was zum eigentlichen „Problemchen“ führte, ist hier aufgeführt.

Da der Besitzer sich auf 5U4-Röhrengeichrichter versteift hatte, mussten die Siebwiderstände im Netzteil neu dimensioniert werden. Nicht nur um die Elkos zu schützen, sondern um überhaupt in die Nähe der „richtigen“ Versorgungsspannung zu kommen.

Mit einer GZ34 war hier nix zu wollen. Nahezu der komplette Netzteilzug muste angepasst werden. Zusammen mit der 5U4-Gleichrichterröhre kam ich dann tatsächlich dicht an der im Schaltplan angegebenen Betriebsspannung.

Ergebnis

Mit ursprünglicher Gegenkopplung, korrigiertem NF-Eingang kommt dieser Verstärker nun auf gut 20W pro Kanal. Sauber aussteuerbar bis etwas über 15W.

Der Klang ist – wider erwarten – fast schon erfrischend „modern“. Auch wenn da „Klangtechnisch“ etwas getrickst wurde, was aber den Reiz derartiger Verstärker ausmacht. Ehrlich gesagt, ist in in diesem Decca mehr „Leben“, als in vielen neueren (Design-) Röhrenverstärker.

Hinweis: Generell versteckt sich in den Mullard-Verstärkern einiges an Know-How. Ich darf versichern, dass das auch heute noch erstaunlich gut funktioniert.

Lohn der Mühen: Der Eigner zeigte sich hochzufrieden. Sämtliche Kaschierungs-Maßnahmen konnten zurückgenommen werden.

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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