Wenn man an Simply denkt, meint man den EL34-Eintakter aus Venetien. Und um so einen Röhrenverstärker handelt es sich hier auch. Nur ist dieser Röhrenverstärker so auf „Très chic“ getrimmt, ja fast schon mondän wirkend, dass es – wer empfänglich dafür ist – den „Haben-wollen-Reflex“ auslöst.
Eine, meist leicht, geänderte Verpackung ist an sich nichts ungewöhnliches. Irgendwann erfährt jedes Produkt eine „zeitgemäßere“ optische Anpassung. Vorsicht sollte man walten lassen, wenn das mit einer – mehr oder weniger offen beworbenen – „verbesserten Rezeptur“ einhergeht. Das soll bei den Simply-Eintaktern ja schon öfter der Fall gewesen sein. Wie auch immer…
Wie bei allen Simplys zuvor, ist der Besuchsgrund dieses Simply altbekannt: Klang und so. Nun, ein-, zweimal über das gleiche Gerät ein paar Sätze ist okay, aber warum nun diese Zeilen? Ganz einfach: Weil dieser EL34-Eintakter eigentlich gar kein Simply ist. Also nicht der Simply.
Um das herauszufinden, hat’s keine 15 Minuten gedauert (Schrecksekunden). Genauso schnell findet sich der ein oder andere „Testbericht“ (einige hinterlassen durchaus ein „Geschmäckle“, andere phantasieren mit Produkteigenschaften, die es so nie gab bzw. nicht geben kann). Der Grund für die Schrecksekunden: Schaltungstechnisch handelt es sich prinzipiell um eine Reinkarnation dieses (nicht mehr erhältlichen) Eintakters.
Simply sneak a peak
Das Innere sieht gut aus. Saubere, fast vorbildliche, Bestückung, mit sehr spannungsfesten Folienkondensatoren wurde nicht gespart und der einzige Koppelkondensator gibt vor, aus einer Edelschmiede zu stammen. Neumodischer Digitalkram ist hier aber nicht anzuschliessen, auch wenn sich auf Platine ein USB-Wandlerchip findet.
Es finden sich aber Anschlüsse für einen Subwoofer. Okay, ich bin kein Woofer-Freund und bin in dieser Hinsicht auch ziemlich stur. Gute (Röhren-) Verstärker plus gute Lautsprecher haben keinen Woofer nötig. Das kriegt man auch architektonisch geregelt. Meine Meinung. Und meine Meinung ist auch, dass ein Subwoofer so wirkt, wie das Füllmaterial bei den beiden Dollys (also der Parton und der Buster).
Richtig spannend finde ich aber, dass der Ringkern-Netztrafo mit einem Miniatur-Schalter, der als Netzschalter herhalten muss, unter Dampf gesetzt wird. Dass man die Kontakte des doppelpoligen Schalters parallel geschaltet hat, um die Schaltleistung zu verdoppeln, ist… nunja… „gewöhnungsbedürftig“.
Ach gugge mal da: „Er“ nun wieder. Der Gitterwiderstand mit der Farbcodierung „Braun-Schwarz-Blau“ an der ECC82. Wer damit nichts anfangen kann: Decodiert 10MΩ. Macht nix, ist nur „knapp“ am erlaubten Maximalwert vorbei…
Test the Sound
Das Testhören an meine 93db-Fostexe steht an. Man will ja wissen, wo und wie es hapert. Kurz & gut: An einem Totenbett ist mehr Stimmung. Hörte sich irgendwie so an, wie der Hungerhaken Twiggy einst aussah. Mit Fleisch am Knochen konnte der Simply erst mit bassstarken Standlautsprechern (89dB) ein paar Pünktchen gutmachen.
Trotzdem: Es tut’s irgendwie nicht. Es fehlt etwas. Ich kann gar nicht sagen, was da fehlt – es fehlt einfach. Unterer Mittelton…? Oberbass…? Vielleicht ist es auch „nur“ die geheimnisvolle magische Röhrenwürze…? Also, eine 300B kommt zwar mit weniger Watt, aber mit Sex-Appeal daher.
Vielleicht liegt’s auch nur daran, dass ich kein vergeistigtes Goldöhrchen bin. Ich will nur Musik hören, gerne auch mal laut – sofern der Verstärker das auch mitmacht…
Viel Altes, wenig Neues
Wie fast schon üblich wird die Leistungsröhre mit etwa 85% ihrer maximalen Leistung doch gut rangenommen.
Zur Verdeutlichung dieser Arbeitsweise muss der Drehzahlmesser eines Autos (mit Schaltgetriebe) herhalten: Das ist knapp vor dem Bereich, den die Autohersteller mit rot markiert haben. Und, wenn man sich die technischen Daten des Simply einmal genau zu Gemüte führt, dann wird man feststellen, dass sich deshalb die Venetier bei einer „(Standard-) Angabe“ wohlweislich laut ausschweigen…
Klar, die EL34 gehört auf etwa 70% ausgebremst. Das bringt schon mal etwas von der „magischen Röhrenwürze“ in’s Spiel. Aber auch die Treiberschaltung schrie förmlich nach Aufmerksamkeit. Es galt, eine Schaltung aufzubauen, die dem Ur-Simply nahekommt…
War die Schaltungsänderung beim S2K-Eintakter ja noch relativ einfach, so entwickelte sich das bei diesem Simply zu einem Geduldsspiel, weil sich die (eigenwillig gerouteten) Leiterbahnen dieser Platine nicht immer eindeutig identifizieren liessen. So oft habe ich den Piepser für ein Projekt auch noch nicht genutzt.
Zeitsprung…
Resultat
Klanglich passt es jetzt doch schon besser, also nicht mehr wie ein Spargel auf Besuch. Mit Fleisch am Knochen absolvierte dieser Eintakter das musikalische Testprogramm doch ganz ordentlich. Statt Twiggy nun eine Sophia Loren, Claudia Cardinale oder eine Gina Lollobrigida. Suchen Sie sich was aus.
Leistungsmäßig bewegen wir uns an 8Ω-Last im üblichen Rahmen: Etwas mehr wie 7W (von max. 10W) für sauberes Hören mit Röhren. Soweit kommt man normalerweise erst gar nicht, denn mit guten Lautsprechern wird’s ab 2W sowieso schon sehr grenzwertig. Lautstärkemäßig…