Wo wir gerade bei „früher“ sind. Bei den retroperspektivischen „Pröttkes“ und „Dönekes“ die ich hier und da zum Schlechten gegeben habe, muss ich noch einmal auf Schallplatten zu sprechen kommen. Diesbezüglich war „früher“ nämlich vieles besser.
Besonders in dem Telefunken-Artikel konnte ich mir nicht eine Bemerkung über die Qualität der gehipsten 180g-Schallplatten verkneifen. Teilweise hören die sich wirklich so an, als ob eine komprimierte MP3-Vorlage mit Gewalt ins Vinyl gepresst wurde. Die letzten Scheiben von Yello und Kings of Leon sind diesbezüglich… Nunja. Nein, das sind keine Schallplatten, das ist bloss billiges Vinyl. Ohne Liebe. Ohne Herz.
Ich komme deshalb auf „früher“, weil ich beim durchstöbern meiner analogen Schätze („Mal schauen, was ich noch so habe…“) u.a. auf FGTH gestossen bin. „FGTH? Was’n das?“ Diejenigen die in den 1980’er Jahren auch mal kurze wache Momente hatten, wissen, dass sich FGTH zu „Frankie goes to Hollywood“ auflösen lässt. Oder eben kurz „Frankie“.
Und wer Frankie sagt, meint natürlich die Scheiben „Welcome to the Pleasuredom“ (aus dem Orwell’schen Jahr 1984) und „Liverpool“. Ein „Must have“ der 1980’er Jahre – das Jahrzehnt als absoluter Höhepunkt des kalten Krieges. Man kann zu den Scheiben stehen wie man will: Trotz latente Kriegsänsgte – Keine Party ohne Frankie. Was der Punk nicht schaffte, schaffte FGTH mit „Relax“ und vor allem mit „Two Tribes“ im Handumdrehen. Besonders das Video „Two Tribes“ zeigte das, was „früher“ viele dachten.
Kurz danach kleisterte Stock, Aitken und Waterman die Hitparaden zu. Nach FGTH kamen nur noch sporadisch „Lichtblicke“… Und dann – „Welcome to the Pleasuredom“ hatte gerade den fünften Geburtstag hinter sich – drehte sich der politische Wind dann endgültig… Fast auf den Tag genau.
Zurück zu den Schallplatten. Ich weiss nicht, wie lange die Scheiben ungespielt im Regal standen, aber verdammt, das klingt ja immer noch. Na gut, man hört die Partys heraus, trotzem: Kein Vergleich zu einer CD-Neupressung und was sich sonst noch so als MP3 auf meiner Festplatte tummelt.
Die Coverversionen von „Born to run“ (von Onkel Bruce) und „War“ (1969 von Edwin Starr, später ebenfalls von Bruce Springsteen gecovert) hören sich heute immer noch verdammt gut (wuchtig, rotzig, rebellierend und trotzdem „tanzbar“) an. Ja, auch den Boss darf man covern.
Übrigens: Der „kalte Krieg“ hat fast 45 Jahre gedauert. Die „friedliche“ bzw. die ruhigere Zeit hat die Halbwertzeit davon erst gar nicht erreicht. 2009, spätestens aber 2017 ist „War“ und „Two Tribes“ wieder höchst aktuell.
Von der nachgepressten 180g-Scheibe von „Welcome to the Pleasuredom“ lässt man die Finger. Ich habe sie mal gehört und darf versichern, dass so etwas klanglich weit entfernt ist von dem, was ich aus meiner 1984’er Pressung heraushole. Der stampfende, manchmal etwas tumbe Rythmus, der typische Frankie-Sound eben… Ne, da fehlt 1984… Irgendwie. Da kann man sich genauso gut die Flachköpper „Modern Talking“ antun, wenn man zu akustischem Masochismus neigt.
Und damit man die Ohrenzeugen der 1980’er Partys heute nicht mehr hört, sind sowohl „Welcome to the Pleasuredom“ als auch „Liverpool“ mit heutigem Datum gewaschen, getrocknet und gefönt worden. Nach all der Zeit, nach all den Partys: Holla, welch‘ ein Beat. Tja, früher konnte man noch Schallplatte.
Und früher hatten die Produzenten noch den Mumm, etwas „Aussergewöhnliches“ zu schaffen und tüftelten solange, bis es passte. Ein weiteres Beispiel hierfür war sicherlich Donna Summer (unvergessen gestöhnt „Love to Love You Baby“ und „I Feel Love“). Das gehört nur von Original-Pressung abgespielt.
Und wie bei Frankie, auch noch sehr laut. Wie bei „Frankie goes to Hollywood“, reicht auch eine digitale Donna Summer nicht an die frühere analoge Ur-Version heran. Bei weitem nicht. Sowohl bei FGTH als auch bei Donna – da fehlt was.
Mein Tipp für die anstehenden lauen Abende: Schicken Sie die Nachbarn aufs Schützenfest, drehen den Lautstärke-Regler auf „10« und geniessen Sie eine akustische Retroperspektive mit FGTH und Snap! (die dürfen nicht fehlen – sie sind quasi die „Kinder“ von Frankie).
Ach ja, früher…
-Friedrich Hunold-
PS: Um noch einmal auf „Two Tribes“ zu sprechen zu kommen: Man könnte das Viedeo ja mal „neu machen“. Diesmal international besetzt mit den Herren T., P., E., W. und Frau P. Natürlich in der populär werdenden 1980’er-Sportart: Als Wrestling-Version „Battle Royal“. Mit Mutti als Referee.