Bei den derzeitigen Aussentemperaturen mit Röhrenverstärker Musik geniessen zu wollen, macht keinen Spass. Ohne Klima produziert der Röhrenverstärker einfach zuviel vom eh‘ schon zuvielen Celsius. Also macht man es sich draussen beim Grill (Terasse, Balkon), Bier und Swimmingpool gemütlich. Mit ein paar Freunden machen lockere Gespräche mehr Spass als glühende Röhren. Wer pfiffig ist, schnappt sich den Läppie (ohne Restzivilisation geht’s eben nicht) und wandert kurzerhand zum Baggersee aus…
Reden wir mal übers Wetter.
Nimmt man die „Vorhersagen“ der Wetterfrösche für bare Münze, dann sieht es wohl so aus, als ob der „Röhrie“ wohl noch einige Zeit „kalt“ bleiben wird. Das ist übrigens eine typisch deutsche Eigenart: Immer dieses „vorhersagen“ zu wollen. Es gab da mal einen Typen, der hatte es mit der Vorhersehung – äh, egal… Die Wettervorhersage wird dann oftmals als Datum verstanden, was einzutreffen hat und ist enttäuscht, wenn es mit der Vorhersage nicht ganz so läuft. Verfolgt man diverse Vorhersagedienste, dann wird man feststellen, dass sich die Vorhersagen als „Kann-passieren-Wetter“ entpuppt. Kräht der Hahn auf dem Mist…
Die Niederländer sind da wesentlich ehrlicher und sprechen lediglich von „Erwartung“: Man erwartet Temperaturen von 30°C in Gelderland und 25°C an der See. Der deutsche Wetterdienst ruft dagegen landesweit einen Hitzerekord von 40°C und mehr aus. Röhrende Röhren? Bei dieser Hitze? Es gibt schöneres. Ähnlich sieht es mit Gewitter und Unwetter aus. Die hiesigen Ureinwohner haben daher gelernt, doch eher dem „Weersverwachting“ der Holländer zu vertrauen.
In anderen Teilen der Welt ist man übrigens genauso vorsichtig und spricht von „Prognosen“ oder „Tendenz“.
Reden wir mal von HiFi (-Röhrenverstärker).
So ähnlich sieht’s auch mit der Erwartungshaltung bei HiFi-Röhrenverstärker aus. Typisch deutsch wird prophezeit, dass nur mit Röhren richtiges HiFi möglich sei. Aber nicht mit einer bestimmten Röhre – man verhält sich da wie das Fähnchen im Wind. Derzeit ist mal wieder die KT88 schwer angesagt (obwohl es weitaus weniger „richtige“ KT88 gibt, als bestempelte Gläser auf dem Markt sind). Und weil diese Röhre angesagt ist, ist deshalb HiFi nur mit KT88 möglich. Es wird natürlich nicht mit jeder KT88 „hifidel“, sondern nur, wenn die KT88 von Dummbatz eingesetzt wird.
Mit simplen Gläsern, womöglich sogar noch die „mistigen“ P-Röhren, kann nie nicht HiFi erreicht werden. P-Röhren – geht gar nicht. Allein schon die Beheizung… Als ob das so schwierig ist, die Röhren statt mit 6,3 Volt mit 9 oder 40 Volt zu beheizen. Und selbst die früher sehr beliebte EL84 ist zwar für Röhrenradios oder Gitarrenverstärker gut, nicht aber für high-endiges HiFi. Wo kämen wir denn dahin? (Zeige ich demnächst hier in diesem Theater…)
Und verknüpfen nun HiFi mit dem Wetter.
Wie bei der Wettervorhersage auch, kann das hifidele Ereignis eintreten. Kann! Nicht muss. Meistens passiert nicht unbedingt das, was vorhergesagt wurde. Dann liegt es garantiert am Lautsprecher, am Kabelzeugs oder am Sitzmöbel, der zwar bequem ist, aber irgendwelche energetische Auflösung des Kabelschälchens behindert. Und dann wird eben wieder prophezeit, dass nur das Ohwiedumm-Kabel mit „feingeistigen“ Kupferadern (kein Scherz) in der Lage ist, dem Röhrenverstärker seine wahre Klangfülle entlocken zu können. Was auch immer das heissen mag.
Wie das mit Prophezeihungen oder Vorhersagen eben so ist –
Kräht der Hahn auf dem Mist…
Es wird, sowohl beim Wetter, als auch beim Röhrenverstärker, eine Erwartungshaltung (sprichwörtlich) produziert, die nicht erfüllbar sind. Beim Un-Wetter darf man dankbar sein, dass „die“ sich mal wieder geirrt haben, beim Röhrenverstärker ist das mehr wie ärgerlich und zudem höchst kostenintensiv.
Wenn ein Ereignis, also Wettergeschehen oder HiFi, nicht eintritt, ist übrigens keiner Schuld und man kann auch (leider) niemanden haftbar machen. Der Wetterfrosch beruft sich auf die Chaostheorie (die ebenfalls wissenschaftlich belegt ist) und ist damit aus dem Schneider. Der HiFi-Händler kommt nur deshalb ungeschoren davon, weil HiFi nirgendwo mehr definiert ist. Orientiert man sich allerdings an das ausgestorbene DIN 45500 von 1960, wo eben Mindest- bzw. Maximalanforderungen genannt wurden, dann liegt man fast auf der sicheren Seite und so mancher Verstärker (auch Halbleiter) müsste dann mit wesentlich ehrlicheren Daten arbeiten. Kann dann gut sein, dass aus einem 200W-Verstärker „plötzlich“ ein 50W-Verstärker wird. Kann auch gut sein, dass ein gutes Küchenradio in den HiFi-Stand geadelt wird. Und so mancher Premium-Röhrenverstärker mit drei goldenen Ohren würde bestenfalls als Stereo-Gitarrenverstärker durchgehen, weil Klirrfaktor oder S/N-Ratio weit über die 1960’er DIN-Maximalangabe liegen…
Man liest sich.
Lassen Sie sich nicht den Sommer vermiesen.
-Friedrich Hunold-
PS: Wie ich hörte, ist das „Nacken knacken in Wacken“ für 2016 bereits ausverkauft. 😉