Eine GZ34 ist eine GZ34…

Möge das Verwirrspiel beginnen

Da wäre Philips, die die GZ34 schon früher entwickelt haben soll, um – und so die „Legende“ – die EL34 zu „pushen“ (diese wurde ja angeblich auch 1954 auf den Markt geworfen). Dieses Gerücht hält sich hartnäckig und wird auch von der renommierten „Vacuum Tube Valley“ – (kurz VTV Ausgabe 17 von 2001, betreffender Artikel, ab Seite 20, letzter Absatz) – so erzählt. Ist aber wirklich Blödsinn.

vtv17

Die amerikanischen „Vacuum Tube Valley“-Ausgaben sind wirklich ein Quell‘ des Wissens, Hinweise, „Do’s & Dont’s“. Vor allem der Verfasser des Artikels Eric Barbour sollte jedem Röhrenbastler bekannt sein. Aber… Nobody is perfect.

Da gibt’s schon ein paar Schnitzer, so zB. dass die sich die GZ33 und GZ37 nur durch die Art der Beheizung (indirekt/direkt) zur 5U4G unterscheiden sollen, Telefunken und Philips sollen – trotz „historisch gewachsener Antiphatie“ (vorsichtig ausgedrückt) – zusammen gearbeitet haben? Unwahrscheinlich auch, dass die im Artikel abgebildete Mullard GZ34 von 1950 stammen soll…

Eine andere Quelle gibt 1952 für die amerikanischen Markteinführung der 5AR4 an. Eigentlich ist diese Quelle als recht zuverlässig bekannt… Der Verweis auf Werbung aus dem Jahr 1952 funktioniert nur mit Zeitmaschine. Das Einzige, was man aber bekommt, ist eine nicht lesbare Vergleichstabelle, die ich etwas später in einem PDF (von 1952) wiederfinde. Von einer GZ34 / 5AR4 ist in diesem Dokument noch nicht die Rede.

rtma-mullard-vergleichsliste

Eine andere Version will wissen, dass Philips für den US-Markt nur eine „stärkere“ und leicht abgewandelte Version der GZ32…

Schluss. Aus. So kommen wir nicht weiter. Aber… Im Zuge der Recherche habe ich das hier gefunden. Auch nicht uninteressant. Und wer es wirklich ganz genau wissen will, braucht einen heissen Draht zu Philips…

Wie man’s auch immer nimmt: Das klassische Henne-Ei Paradoxon. Fakt ist, trotz des Verwirrspiels: So im Großen und Ganzen ist die 5AR4 mit der GZ34 identisch.

Der kleine Unterschied

Identisch, ja – bis auf eine klitzekleine Sache, die aber auch in keinem Datenblatt zu finden ist: Die 5AR4 gilt als hochohmiger als die GZ34, verursacht also einen höheren Spannungsabfall. Das habe ich schon „früher“ beobachtet, dem aber keine grosse Bedeutung zugemessen.

In den zuvor genannten VTV-PDF wird auf Seite 22 eine Vdrop-Tabelle verschiedener Gleichrichterröhren abgebildet. Von besonderem Interesse ist die Angabe zur 5AR4 / GZ34. Dort wird ein Vdrop-Wert von 30V bei 250mA Last genannt. Dieser Wert ist für eine GZ34 allerdings viel zu hoch. Alle anderen Werte sind dagegen – mehr oder weniger – schlüssig.

Im Philips-Datenblatt zur GZ34 ist ein Diagramm angebildet, der den Spanungsabfall pro Anode bei entsprechender Belastung aufzeigt.

gz34-vdrop-kurve

Fast schon gesichert

Mullard ging seinerzeit nur hin, übernahm eine GZ34 oder 5AR4-Entwicklung, verpasste der Geschichte nur einen Bakelitsockel und taufte das nun um in GZ34 – nur der europäischen Nomenklatur geschuldet: GZ32, GZ33, GZ34 – GZ37…

Achtung: Die GZ33 und die GZ37 sind eigenständige Systeme und zu nichts kompatibel. Zwischen der GZ34 und GZ37 gibt’s nur ein grosses Loch.

Das könnte die Sage um die „Mullard-Entwicklung“ der GZ34 erklären. Und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ist das der Grund, warum so ein Bohei um die GZ34 gemacht wird. Denn die „optimale“ GZ34 stammt von 1955 bis Anfang / Mitte der 1960’er-Jahren. Bedingt durch ihre „Hochohmigkeit“ beeinflusst sie eben auch – unbestritten – den Klang eines Verstärkers (alles klingt „weicher“, oder im High-End Jargon: „schmelziger“).

Theorie vs. Praxis

Soweit die Theorie mit mehr Fragezeichen als Antworten. Und die Praxis? Tja, da musste erst einmal eine alte Mullard-GZ34 aufgetrieben werden. Da gerierten sich aber die entsprechenden Besitzer „etwas“ divenhaft (einige meinten sogar, mir ein „Dickpic“ von einer alten Röhre schicken zu müssen verbunden mit der Bemerkung „wer hat, der hat“)…

Wirklich nur rein zufällig findet sich ein Bastler, der nicht nur eine relativ neuwertige 1956’er Mullard-GZ34 besitzt (Zitat: „Vielleicht 50 Stunden auf’m Tacho…“), sondern auch wenig bis gar nicht divenhaft und genau wie ich neugierig war. Bereit diese einmal bei mir durchmessen zu lassen. Leider musste das zwischen Tür und Angel, also unter Zeitdruck, über die Bühne gehen. Vielen Dank an dieser Stelle!

Dann bin ich auf Einkaufstour gegangen und habe mal Querbeet ein paar Gleichrichter besorgt: Eine JJ-GZ34S, eine Sovtek-5AR4 sowie eine No-Name GZ32 (alle drei von BTB), eine GZ-34STR-Redbase (explizit mit Mullard-Eigenschaften beworben) und eine Shuguang-GZ34 (beide von TAD). Jawoll, alle Röhren ganz regulär gekauft…

Vorhanden waren eine kaum gebrauchte 1963’er-GZ34 Siemens (Made by Mullard), eine gut gebrauchte RSD-GZ34 (Made by ?) sowie neue 5U4 in diversen „Spielarten“.

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frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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