Ongaku Röhrenverstärker

Die Ongaku-Verstärker müssen wir mal kurz beleuchten. Vom technischen her. Ein 211 Single-Ended Konzept mit kraftstotzenden deutlich über 20W Ausgangsleistung. In Class-A. Hm? Kenner der Materie dürften das »faszinierend« empfinden. Weil nämlich eine 211 mit Ach und ganz viel klirrendem Krach höchstens zu 15W maximal fähig wäre. In Class-A.

Moment… Warum »die Ongaku«? Weil es davon zwei Arten gibt: Einmal von Audio Note Japan und einmal von Audio Note UK. Bis auf die Namen und das »Brimborium drumherum« haben beide Ongakus nix, aber auch gar nix, miteinander zu tun. Doch: Beide Verstärker sind – genau genommen – Class-A2 Verstärker. Dann ist die hohe Leistungsausbeute erklärbar.

Warum man bei derartigen Verstärkern fast immer die »2« verschluckt, kann ich mir nur mit Marketing erklären. Der geneigte High-Ender assoziert ja mit Class-A die spitzeste Spitze der High-fidelen Musikwiedergabe. Class-A ist das Glöckchen das zum pawlowschen Reflex führt. Jeder weitere Zusatz – und sei es noch so sinnvoll – hemmt den Reflex.

Und noch eine Gemeinsamkeit: Zum legalen Ongaku-Erwerb setzen beide »Audio Notes« ein sehr prall gefülltes Bankkonto voraus. Spätestens ab diesem Punkt ist’s dann wohl vorbei mit »sabbern«.

Audio Note

Das »Brimborium« kurz erklärt: Beide Unternehmen legen Wert auf… nunja… extrem hohe Bauteilqualität mit Edelmetallen und wundersamen Zeugs. Für Jemanden, der sich mit den Naturwissenschaften verbunden fühlt, teilweise doch schwer verdaulich. Lassen wir das. Soll hier nicht interessieren…

Hiroyasu Kondo gründete in Japan sein »Audio Note«-Unternehmen 1979. Die »englische Variante«, entgegen so manchen Presseberichten, erst zehn Jahre später. Alles weitere kann man den PDFs von Uwe Kirbach (Image HiFi) auf dieser Seite entnehmen.

Der viel zu früh verstorbene Cai Brockman hatte sich 2015 einmal mit der englischen Ongaku-Variante beschäftigt.

Und – das ist selten genug – eine kurze Schaltungsbeschreibung mitgeliefert. Schaltungstechnisch können die beiden Ongakus unterschiedlicher nicht sein.

Ongaku

Audio Note hin oder her. Uns interessiert der Ongaku von Kondo-San. Nicht irgendeine Version, sondern die 1992’er Version. Und es hat natürlich seinen Grund, warum ich diesem Verstärker ein kleines »Special« spendiere. Denn, wen wundert’s, da kommt noch was…

Die Ongaku-Schaltung – diesmal die etwas leichter zu »lesende« Version:

ongaku-1

Wichtiger Hinweis: Da »versteckt« sich ein Zeichnungsfehler. Die Spannungsversorgung SRPP und die nachfolgende Röhrenstufe sind vertauscht!

Beschreibung

Die eigentlich Verstärkerschaltung sieht so fürchterlich harmlos aus. Langweilig, bieder…

Vorne eine »SRPP« mit 6072 (12AY7). Eine Hiraga-typische Schaltungsassimilation (Hiraga, also der, der zumindest das Kürzel »SRPP« erfunden hat). An dieser Stelle nichts »besonderes«. Nein, ich gehe da nicht näher drauf ein… Selbst die Röhre ist, bis auf die Military-Spezifikation, eher »gewöhnlich« zu nennen.

Direkt angekoppelt (!) ein »simpler« Anodenfolger mit einer »halben« 5687. Sie soll »nur« noch den richtigen »Druck aufbauen«.

Über einen Koppelkondensator geht’s zu zweiten Hälfte dieser Doppel-Triode. Gespeist wird sie – A2-typisch – mit einer symmetrischen 200V-Spannung. Das Signal wird dann von der Kathode (also niederohmig) direkt zur 211 geführt. Erst dieser Bereich treibt die 211 dann zur Höchstleistung an.

Besonders bei dem Anodenfolger macht man sich die vergleichsweise hohe Anodenverlustleistung von 4W zunutze. Die Besonderheit der 5687 scheint dabei aber nicht die Anodenverlustleistung allein zu sein.

Glaubt man dem Jac, dann darf bei dieser Triode Gitterstrom fliessen. Dann wird das Gitter zu einer Hilfsanode mit der Folge einer höheren Leistungsausbeute. Hier liegt wohl das grosse Geheimnis der Kondo-Ongaku.

Das ist ja auch das Merkmal eines A2-Verstärkers: Die Endröhre wird mit Leistung angesteuert und nicht, wie sonst üblich, leistungslos. Audio Note UK nutzt hierfür einen Zwischenübertrager.

Die negative Vorspannung wird im Ongaku mit Festwiderstände »eingestellt«. Keine Möglichkeit, zu justieren. Ausgangsleistung maximal 27W. Pro Kanal.

Kondo selber stellte den Schaltplan zur Verfügung, damit sich jedermann (s)einen Ongaku zusammenbauen konnte. Der Original-Plan:

ongaku-2

Also Nachbau. Das hat man dann auch getan. Unter anderem auch…

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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