Braun CSV 13 / 60

Am Gleichrichter 2 (Gl.2) der sowohl die negative Vorspannung für die EL84 als auch die gleichgerichtete Spannungsversorgung für die Vorstufenröhren bereit stellt, scheiden sich die Geister. Rein rechnerisch reicht die Siebwirkung vollkommen aus. Trotz aller Rechnerei würde ich C8 mit mindestens 4700µF dimensionieren. Den Stromkreis für die negative Vorspannung sollte man dann nochmals aufbauen und diese mit einem regelbaren Spannungsteiler ausstatten. Hohe Siebkapazitäten sind dann nicht mehr erforderlich.

Nicht betrachtet wurde bisher der Brumm, der über alles schwebt und sich garantiert verstärkt, wenn ein anderes geerdetes Gerät angeschlossen wird. Zur Abhilfe entfernen wir die direkte Chassis-Massekopplung am (alten) Gleichrichter und verbinden das Chassis direkt mit dem Erdungsanschluss des Netzkabels. Die Schaltungsmasse wird über einen 10Ω-Widerstand an diesem Erdungsanschluss verbunden (Nachtrag: Zwei »dicke« Dioden, die antiparallel geschaltet werden, dürften auch reichen). Es sollte dabei nochmals kontrolliert werden, ob das Chassis nicht doch als Massebahn gedient hat. Massedrähtchen sind durch Draht grösseren Querschnitts zu ersetzen.

Alles in allem also eine Netzteil-Totalsanierung, sonst schimpft man evtl. über miserable Klangqualität, deren Ursache letztendlich »nur« im Netzteil zu suchen ist.

rausch-rumpelfilter Kommen wir nun zum interessanten Teil des Braun-Verstärkers. Ein Blick in das Original-Schaltbild verwirrt zunächst einmal. Doch wenn man das ganze mit viel Geduld »aufdröselt«, dann wird uns klar, das es sich um einen sog. Höhen- oder Rauschfilter (Rumpelfilter) handelt, welcher jedoch nur für Phono geschaltet wird und auch nur dort wirkt. Am Eingangswahlschalter an der Front findet sich entsprechend Phono-1 bis Phono-4.

Je nach Stellung von »Sch. 2/VI« arbeitet das Filternetzwerk bei unterschiedlichen Frequenzen, jedoch mit immer der gleichen Intensität: nämlich mit 10dB Abschwächung.

Das von der Vorstufe kommende Signal gelangt hierbei auf R110 (R210). Und je nach Schalterstellung erfährt das Signal nun eine mehr oder minder starke Beeinflussung. Damit das deutlich wird, hier die Auflösung:

braun-filter-1braun-filter-2braun-filter-3braun-filter-4

Schalterstellung 1: kein Filter aktiv
Schalterstellung 2: ab 5kHz / -10dB
Schalterstellung 3: ab 7kHz / -10dB
Schalterstellung 4: ab 10kHz/ -10dB

Eigentlich ganz simpel, oder? Wer den Filter gänzlich unwirksam machen möchte, trennt die Verbindungen und überbrückt den Widerstand nebst Spule. Das hat allerdings zur Folge, dass der Eingangswahlschalter an der Front auch teilweise ohne Funktion ist – und das erklären Sie einmal einen Sammler…

Für eingefleischte HighEnd-ianer ist die Beschaltung am Lautstärkepoti absolut verboten und gilt generell als böse. Doch wen interessiert die Meinung der HighEnd-ianer, wenn man hier ein Gerät vor sich hat, was den Sammlern die Tränen in die Augen treibt?

OK, solange das Lautstärke-Poti mit Mittenanzapfung(!) noch funktioniert, kann man es ja weiterverwenden. Aber spätestens nach der zehnten Kontaktspray-Reinigung sollte man sich langsam Gedanken um Ersatz machen – so denn noch solche Potis angeboten werden! Die folgende Schaltung (aus High-End Röhrenschaltungen) übernimmt diese Aufgabe.

loudnessLoudness-Ersatzschaltung
Ein ähnliches Poti findet sich auch in der Klangregelstufe zur Einstellung der Bässe. Bei Ersatz der Potis können diese durch ein normales Poti gleichen Wertes ersetzt werden. Der Balancesteller kann durch einen 50kΩ-Stereopoti ersetzt werden. Der Gitterwiderstand R302 (R402) ist dann ggf. auf 1MΩ zu erhöhen. C111 (C211) sollte mit 220nF, C119 (C219), C121 (C221), C301 (C401) und C304 (C404) mit 100nF dimensioniert werden.

Mit Schalter 6 kann die Klangreglestufe »gekuppelt« werden. Was immer das heissen mag. Diesen Schalter sollte man als Stereoliebhaber doch besser deaktivieren (was sich bei Einsatz neuer Stereo-Potis sowieso erledigt).

Die Gegenkopplung, bestehend aus R306 (R406) und C303 (C403), kann wie folgt geändert werden: entweder man setzt einen Festwiderstand von etwa 15kΩ bis 22kΩ ein oder man gestaltet die Gegenkopplung von vorneherein variabel. Die Anpassung auf neue Übertrager oder Lautsprecher ist dann ein Kinderspiel (Bitte die Hinweise von Herrn Welter beachten). Die Einstellung erfolgt derart, dass die Gegenkopplung gerade eben noch wirkt. Näheres dazu in meinem Buch »High-End Röhrenschaltungen«. Allgemein gilt, dass die Gegenkopplung hier viel zu straff eingeschliffen wird, um eine möglichst grosse Bandbreite zu erzielen. Dadurch wird der Verstärker aber auch instabil. Den parallel geschalteten Gegenkopplungs-Kondensator würde ich erst einmal nicht einsetzen und wenn, dann nur mit einem seriell geschaltetem Trimmpoti (etwa 50kΩ), um die Wirkung besser kontrollieren zu können. Es lohnt sich, hier etwas mehr Zeit aufzubringen und ausgiebig zu hören, denn mit mathematischen Formeln allein kommt man nicht weiter.

Wichtig: An den EL84-Endröhren können sich noch kleine Kondensatoren befinden, die nicht im Plan eingezeichnet wurden. Diese sind natürlich gnadenlos zu entfernen und hatten nur die Aufgabe, den instabilen Verstärker, hervorgerufen durch die zu straffe Gegenkopplung, wieder zu stabilisieren. In dem Modell, was zur Verfügung stand, befand sich ein dieser Kondensator am Gitter der Röhre 8 und 10.

Das war es eigentlich. Viel Spass beim tunen und »aufhübschen«. Ein spezieller Dank sollte aber an Günter Welter gehen, der sich die Mühe macht, einen adäquaten Übertrager herzustellen, der auch heutigen Sicherheitsanforderungen genügt. Neuere Erkenntnisse werden hier auf jedenfall einfliessen.

Und noch etwas: was für den CSV 13 gilt, gilt sinngemäss auch für den CSV 60. Zumindest was den Vorverstärker und die diversen Filterchen angeht.

Update 10. Mai 2007

Wie ich erfahren habe, sollte beim CSV 13 (CSV 60) geprüft werden, ob überhaupt eine Schutzleiterverbindung (Erde) vorhanden ist. Ein vorhandener geräteseitiger Anschluss ist also kein Garant, dass auch tatsächlich schutztgeerdet wurde! Gegebenenfalls muss also auch noch der Schutzleiter nachgerüstet werden.

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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