DueVenti

„Mein“ DueVenti von Mastersound ist ein „gereifter“ EL34 Class-A Parallel Single-Ended. Er stammt wohl aus der Pre-RoHS-Ära (!) – hat also schon ein „paar“ Betriebsstunden auf dem Tacho. Über diesen alten DueVenti an sich ist viel geschrieben worden. Bezüglich Klang geht jedoch die Meinung des Besitzers mit dem Geschriebenen aka „Testberichte“ doch etwas auseinander.

Viel mehr als einen undeutlichen Schaltplan bzw. ein kleines Bildchen der DueVenti-Vorstufe (immerhin) ist nichts zu finden. Auch bei den üblichen Verdächtigen der „Tuning–« und Bastler-Szene scheint der DueVenti unbekannt zu sein. Also – Schaltplan herauszeichnen. Der ist nötig, um überhaupt der Klanggeschichte auf die Spur zu kommen.

Nochmals: Hier steht ein Class-A PSE etwa aus dem Jahr 2000 auf der Werkbank. Mit etwas Mühe lassen sich auf dem undeutlichen Schaltplan des DueVenti zwei Ruhestromregler ausmachen. Die neueren DueVentis arbeiten demnach in Class-A1! Ob es noch andere Unterschiede zu „meinem“ Verstärker gibt, kann ich nicht sagen.

dueventi-front

Bereits beim „herauszeichnen“ der Röhrenschaltung finden sich zwei (ist ja Stereo) fragwürdige Keramikkondensatoren. Das habe ich schon mal bei einem Randall PSE gesehen. Diese Bauteile finde ich aber nicht in den o.g. Schaltplänen. Das riecht nach Notlösung, weil dieser Verstärker, so wie er war, wohl schwinganfällig war. Diese Bauteile arbeiten hier und an dieser Stelle wie eine Notbremse und kappen den oberen Frequenzbereich viel zu früh und viel zu stark ab. Wohl der Hauptgrund für die klangliche Unzufriedenheit…

Vergleicht man zudem Aufnahmen aus dem Inneren des DueVentis mit dem, was auf der Werkbank steht, scheint der Fall klar zu sein: Diese zwei Bauteile gehören hier überhaupt nicht hinein. Wer die eingebaut hat, weiss ich nicht. Trotzdem – und das war meine erste „Amtshandlung“ – ’raus damit.

Überhaupt die Bauteile

Genauer die Widerstände. Diese sehen so aus, als ob sie gerade erst eingelötet wurden. Besonders die Kathodenwiderstände der EL34 lächeln mich mit einem strahlend-weissen Keramik an. Merkwürdig, denn auch diese Hochlast-Zementbunker altern. Zumindest optisch und dann hätte man auch die typischen Class-A „Patinaspuren“ erkennen müssen.

Apropos Röhrenschaltung: An der Schaltung an sich gibt es nichts zu mäkeln, wenn man mal von der fehlenden Gegenkopplung und der Class-A Betriebsart absieht. Und irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass eine Verwandtschaft zu einem anderen Italo-Röhrenverstärker besteht…

Nun hat der DueVenti eine doch wechselvoll zu nennende Geschichte hinter sich. Eine handelt von

Okkultismus

Um den Klang „klänglicher“ zu machen, wurde der Verstärker in eine (bekannte) Fachwerkstatt gegeben. Hier muss sich vermutlich ein Praktikant (der das, was in diversen Foren gequaksalbert wird, tatsächlich glaubt) oder ein diplomierter HiFi-Voodoo-Priester ausgetobt haben.

Ich finde die aus Sagen und Mythen bekannten russischen Folienkondensatoren. Ich finde weiterhin die „fabelhaften“ audiophilen Schmelzsicherungen. Und ich stutze bei den EL34-Kathodenwiderständen. Angeblich soll sich noch irgendwo ein Silberkabel verstecken.

Dafür hat der Besitzer ein hübsches Sümmchen hingeblättert und suggerierte ihm dann für einen kurzen Moment audiophile Glückseligkeit. Als die Selbsthynose nicht mehr wirkte, war er wieder da, der unzufrieden machende „Sound“.

Silberkabel…

…finde ich übrigens nicht. Dafür eine dicke Cinchleitung „feinsten“ Kupfers auf dem Car-HiFi Bereich und eine „seltsame“ Eingangsbeschaltung. Das war wohl mal typisch Mastersound und ist wohlweislich nicht in den o.g. Schaltplänen eingezeichnet. Scheinbar macht man das heute aber nicht mehr, was ich lobenswert finde…

Russischen Kondensatoren

Die ursprünglichen Kapazitätswerte waren zugegebenermaßen etwas happig und das Entstörkondensatoren auch nicht unbedingt ein klanglicher Bringer sind, steht ebenfalls ausser Zweifel. Aber diese „Ruski-Kondensatoren“, auch noch mit einem derart niedrigen Kapazitätswert einzusetzen – das macht die Sache auch nicht besser. Schon mal was von Mr. Miller gehört? Der hat trotz Pentode ganz schön seine Finger im Spiel gehabt…

Mal eben ein Bildchen…

voodoo-kram2

Wunder-Schmelzsicherungen

Wer immer diese Dinger eingesetzt hatte, soll sich mal den Unterschied zwischen einer „trägen“ und „flinken“ Sicherung erklären lassen. Eine flinke 6A-Netzsicherung durch eine träge 6A-Sicherung zu ersetzen, ist „etwas“ gewagt. Warum nicht gleich einen Nagel?

Completamente idiota: Je EL34-Paar / Kanal ist der Anodenkreis (!) mit 500mA träge „abgesichert“.

Worst Case Szenario: Wenn diese Sicherungen sich bequemen ihre Schutzfunktion erfüllen zu wollen, spielt der DueVenti bereits Sixtinische Kapelle während der Papstwahl.

Ein Wörtchen zur „flinken“ Schmelzsicherung: Man muss diese tatsächlich mit 6 bis 10A bemessen. Sobald jemand nur schief hustet, brennen die Dinger dann durch. Das ist zwar etwas daneben, lässt sich nur durch „try and error“ auf Zuverlässigkeit ermitteln, aber es funktioniert. Finde ich oft in China-Verstärker – am Netzanschluss, also auf der Primärseite des Netztrafos (was für die Trafo“qualität“ spricht…).

Ich persönlich halte diese Dinger nur für Umsatzoptimierer. Der Klang wird nur in der Ladenkasse besser. Das ist, wie gesagt, nur meine unmaßgebliche und vollkommen laienhafte Meinung. Ich hab da keine Ahnung…

Überhaupt Sicherungen

Da geizt Mastersound im DueVenti ja nicht. Insgesamt sind fünf (!) Sicherungen verbaut… Von diesen fünf Sicherungen bleiben hinterher nur zwei übrig. Ein zusätzlicher NTC mindert einen evtl. zu hohen Einschaltstromstoss. Der Rest bleibt Schweigen (frei nach Shakespeare).

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen.Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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