Simply845 zum Zwoten

Simply845 in Class A oder A1?

Okay, das hätte man auch noch richten können. Die Wahrscheinlichkeit, dass der 35-Kilo Simply845 in zwei Jahren wieder in die Klinik muss, liegt weit im Bereich des möglichen.

Und da wäre der wohl »berühmt-berüchtigte« Röhrenverschleiss zu nennen… In der »Szene« munkelt man von einem etwa dreijährigen Turnus.

Um das Gas von den Endröhren zu nehmen, hätte man »nur« einen anderen Kathodenwiderstand einsetzen müssen. Von den ursprünglichen fast 100mA Ruhestrom sollten etwa 30mA weg, wenn es »gesund« bleiben soll. Das allerdings geht auch mit einer höheren Wärmeentwicklung (Kathodenwiderstände) einher.

Krise?

Woran erkennt man, dass die Wirtschaft einen Schluckauf hat? Bestimmte, an und für sich gängige Bauteile haben eine lange Lieferzeit, sind gar nicht oder nur noch in grossen Mengen lieferbar.

Das war während der Finanzkrise auch schon so. War schon interessant, was es plötzlich nicht mehr gab…

Und das, was noch Lagermäßig vorhanden war, erfuhr ein kräftiges preisliches Upgrade. Wenn schon nichts mehr funktioniert, dieses alte, antike marktwirtschaftliche Gesetz funktioniert. Immer. Garantiert.

Glauben Sie nun bloss nicht, dass »danach« ebenso kräftig preislich downgegradet wurde… Da kann man ‘drauf wetten, dass der Level bleibt.

Kurz und gut: Ein neuer, in jeder Hinsicht passender Widerstand, ist/war (derzeit) nicht erhältlich. Und auf »Irgendwie-Basteleien«, nur um den High-fidelen Class-A Götze zu gefallen, hatte ich keine Lust (der Besitzer auch nicht).

kathodenwiderstand

Class-A1…

… ist die Lösung – also mit Ruhestromregelung. Hat mehrere Vorteile: Überschüssige Energie wird nicht sinnlos verbraten (entsteht ja gar nicht erst), dadurch sinkt auch die Gesamt-Leistungsaufnahme (Greta grüsst) und man kann – in gewissen Grenzen – selber bestimmen, wie »hart« man die Endröhren an die Kandarre nimmt.

Für den Regler muss natürlich gebohrt werden. Und wenn man schon dabei ist, bohrt man eben auch Locher für die Messpunkte. So lässt sich nun relativ einfach überprüfen, ob sich die 845-Flaschen noch im Arbeitspunkt befinden. Gerade diese Kontrollmöglichkeit fehlte ja beim Simply.

Mit etwa 75mA Anodenstrom wäre beim Simply845 der Arbeitspunkt à point. Etwas weniger ist aber nicht verkehrt…

Der Unterschied zwischen Permanent-Vollgas bis dass »das Anodenblech kotzt« und das »humane Ausfahren« dürfte sich (positiv) bemerkbar machen. Nicht zuletzt auch im Geldbeutel – wegen Röhrenverschleiss.

Diese Erweiterung ist, Montage- und Bauteiltechnisch, absolut krisensicher, also weitaus weniger problematisch.

class-a1-mod

Nur nebenbei: Auf das Alarmzeichen »rotglühende Anodenbleche« kann man bei derartigen Gläsern lange hoffen und deshalb sind auch etwa 90mA »unauffällig«. Selbst bei dem irrwitzig hohen Ruhestrom beim Testlauf gab es kein Alarmzeichen.

Umbau

Das Simply-Netzteil bringt die besten Voraussetzungen mit, um eine negative Vorspannung zu generieren. Die Ruhestromregler und die Messpunkte werden »unauffällig« angebracht.

Die Zusatzbeschaltung lässt sich, wider erwarten, völlig schmerzfrei installieren. Die hierfür benötigten Bauteile sind zwar aus der Abteilung »Wald-und-Wiese«, sollten aber von guter Qualität sein.

Class-A1 bedeutet allerdings auch, dass sich am Steuergitter der 845 etwas ändern sollte. Eine »Fussnote«, die man in den Datenblättern leicht überlesen kann.

Gewicht

Ich muss noch einmal auf das unhandliche Gewicht des Simply845 zu sprechen kommen. Das relativiert sich nämlich, wenn man es mit der Performance aus gleichem Hause zu tun bekommt. Da »verteilen« sich die 50 Kilogramm auf über einem halben Meter! Gefühlte extrem unhandliche 100Kg allein im hinteren Teil!

Das war alleine nicht mehr zu händeln. Seit dieser Werkstatt-Performance lehne ich Verstärker ab, die die 35Kg-Marke deutlich übersteigen. Mein Muskelbepackter »Spezi« hat auch nicht immer Zeit, vor allem kann das die Freundschaft kosten. Da mussten seinerzeit schon ein paar Steaks auf dem Grill gelegt werden…

Also bitte, wenn Ihr unbedingt solche Kisten haben wollt, dann seht zu, wie Ihr damit klar kommt, wenn Service angesagt ist.

Ich habe nichts gegen eine vernünftige Masse, aber so etwas ist genauso Fehlkonstruiert, wie fehlende Lüftungslöcher. Muss man um jeden Preis (negativ) auffallen? Das Gewicht der Performance ist dabei (technisch) nicht ganz unbegründet. Nicht so sehr wegen des konsequenten Mono-Aufbaus, sondern wegen der Art und Weise, wie das Netzteil daherkommt…

Äh… Lassen wir das.

Ergebnis

Der gesamte Umbau ist reversibel. Die 845 heizen gut ein, noch mehr Wärmequellen braucht’s nicht. Natürlich hat’s mich wegen der zweistufigen SRPP-Schaltung (wieder) in den Finger gejuckt. Das wäre dann aber nicht mehr so ohne weiteres rückgängig zu machen.

Deshalb blieb nur, der SRPP nun endgültig das Brüllen abzugewöhnen. Ist ja auch nicht mehr nötig. Zum Schluss noch eine mehrstündige »Brennphase«.

Klang: Die nicht mehr »brüllende« SRPP wirkte sich überaus positiv aus. Ging es nach dem eigentlichen A1-Umbau laut und eher frigide zu, überzeugte das Klangbild nach SRPP-Modifikation mit Wärme, ohne dass die 845 dabei zur Oberwellenschleuder (k2) mutiert.

Das war’s. Dreimal auf’s Holz gekopft: Ciao!


Überaus zufrieden zeigte sich auch der Besitzer und hat ein neues Hobby: Ruheströme kontrollieren. 😉

Trotzdem: Das Ding steht zum Verkauf – wenn der Preis stimmt. Standort: Umgebung Düsseldorf. Bei Interesse eine nette Mail mit Preisvorstellung an mich. Kommt keine Antwort, war der Preis indiskutabel. Solange wird eben mit der 845 gehört.

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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