A-55 T

Dieser A-55 T erinnerte mich an Forrest Gump. Fernost-Röhrenverstärker sind oft wie eine Schachtel Pralinen: Man weiss nie, was man bekommt. Besonders bei Röhrenverstärker in diesem Preissegment. Vom Prinzip her sind derartige Gegentakter bekannt und irgendwann weiss man einfach, wo man genauer hinzuschauen hat.

Auch, wenn der Aufbau ansonsten einen guten Eindruck macht. So wie eben auch bei diesem A-55 Modell. Besonders im Netzteil wurde und wird geklotzt. An sich nicht schlecht. Aber warum es unbedingt der fette Schraubelko sein muss…? Show? Wie auch immer. Es sind dann aber oft nur kleine Kleinigkeiten, die aus dem Edelprodukt »Praline« dann nur noch billige Schokoladenbonbons machen.

Widerstände sind da ganz beliebt: Entweder fehlen sie, oder sind schlichtweg falsch angelötet. »Leicht falsche« Widerstandswerte sind auch nicht so selten. Nichts, worüber man sich noch großartig echauffieren sollte. Da gibt’s ganz andere Kracher, die auf die Menschheit losgelassen werden.

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A-55 Variationen

Was mein A-55 Modell betrifft, da habe ich zunächst an einem produktionstechnischen Ausreisser geglaubt. Das kann, bei Handverdrahtung, ja wirklich passieren. Normalerweise schaut man darüber hinweg, zeigt aber auch, dass es so etwas wie Endkontrolle nicht gibt.

Bis ich in einem vietnamesischem Forum einen A-55 Schaltplan fand, der verdächtig viele Übereinstimmungen mit meiner Schaltung aufwies.

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Etwas später finde ich einen Schaltplan der angeblich zu A-55 »passen« soll. Im Plan findet sich zwar der Hinweis A-50, aber der Rest soll, bis auf Kleinigkeiten (Schirmgitterwiderstände, Koppelkondensatoren), identisch sein.

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Bis auf zwei Punkte: Die komplette 12AX7-Vorstufe und der Gegenkopplungswiderstand. In meinem A-55 finden sich 82kΩ. Im »A-50-Plan« gar 180kΩ. Einhundertachtzig Kiloohm. Da kann man jetzt schon mutmaßen: Da stimmt doch was nicht.

Frühere Modelle mit KT88 in Gegentakt brachten es nur auf etwa 40kΩ – hatten aber eine SRPP-Vorstufe. Dass im A-50 EL34 statt KT88 eingesetzt wurden, spielt eher zweite Geige.

Nur mal so nebenbei: Genau die gleichen Schaltungsprinzipien findet man übrigens auch in der Serie »PrimaLuna«. Witzigerweise mit »vernünftig« dimensionierter Gegenkopplung. Hat man »AutoBIAS«-Extraktion vorgenommen und entsprechende Anpassungen vorgenommen, dann funktionieren diese Verstärker ganz ordentlich.

Wichtig: Sowohl der A-50 T, als auch der A-55 T sind scheinbar nur noch als Gebrauchtware zu bekommen.

Wo hapert’s im A-55

Zunächst »nur« an der Vorstufe. Eine »halbe 12AX7« bringt erst einmal nicht genügend Verstärkung. Zwei Triodensysteme, parallel geschaltet wie beim A-50, ist durchaus sinnig. Oder, wenn man nicht die Pfoten davon lassen kann, eben SRPP.

»Etwas« krude im A-55, dass die zweite Hälfte der 12AX7 als Kathodenfolger beschaltet wurde. Passt ja zur derzeitigen Diskussion. Mit einer niedrigen Ausganggangsimpedanz hat diese Schalte aber nichts am Hut und ist somit eigentlich so überflüssig, wie ein Kropf.

Das ist/war wohl der Grund, dass der Besitzer mit diesem Röhrenverstärker klanglich absolut nicht zufrieden war. Der andere Grund: Die KT88 hatten wohl mächtig Langeweile. Frage: Was haben kleine Kinder und Röhren gemeinsam, wenn sie Langeweile haben? Antwort: Sie machen Blödsinn.

Da man sich ja immer eine eigene Meinung bilden soll (wenn möglich), erfolgte ein kurzes Testhören… Da gibt es durchaus Diskrepanzen zwischen dem, was das eigene Ohr hört und den (natürlich) durchweg guten Test-Resümees, die es – auch hier in D – wohl mal gegeben haben muss.

Ich weiss ja nicht… Wenn die »Tester« exakt die gleiche Schaltung vorgesetzt bekommen haben, dann… Anderes Thema, bitte.

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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