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Nach der Reinigungsprozedur…

… prüft man am besten sofort, ob der Schutzleiterkontakt zum Chassis, sprich Erdung, wirklich hundertprozentig in Ordnung ist. Am besten, man löst die Schutzleiterverschraubung am Chassis und reinigt auch da. Man glaubt gar nicht, wo sich der Dreck überall einnistet. Also prüfen, reinigen, neu verschrauben und nochmals prüfen.

Als nächstes ist Sichtkontrolle angesagt. Mit Adleraugen und mit Lupe. Die Elkos nimmt man besonders ins Visier. In meinem Fall quoll aus einem Dreifach-Becherelko bereits der Sicherungspfropfen. Andere Elkos litten ebenfalls an leichten »Blähungen«. Quizfrage: Wo bekomme ich nun einen passenden Dreifach-Becherelko her?

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Zunächst werden alle Folienkondensatoren ersetzt. Auch das Letzte verbliebene, gesund aussehende, »bunte Bonbon«. Beim Auslöten eines »Bonbons« stellte sich ürigens ein Todesfall heraus: Der Kondensator wurde nur nur noch durch den Dreck zusammengehalten.

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Eventuell zu ersetzende Widerstände entweder Kohleschicht oder neues Carbon Composit. Einige Widerstände sind altes 2W Carbon Composit. Aufgrund der Abmessungen der Carbon Composits könnte man heute eine höhere Belastbarkeit als zwei Watt annehmen. Das ist ein Irrtum. Derartige Widerstände sind »Nicht-Induktiv« und von daher, konstruktionstechnisch bedingt, grösser.

Da der Verstärker lange dumm herum gestanden hat und die Proberäume oftmals alles andere als klimatisch ideal sind, sollte diesen Widerständen besondere Aufmerksamkeit zuteil werden. Diese alten Dinger neigen dazu, Feuchtigkeit einzulagern. Und das kann – logischerweise – erhebliche Probleme nach sich ziehen.

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Auf Nummer sicher geht man, wenn man diese Carbon Composits sofort durch entsprechendes Drahtmaterial oder Kohleschicht ersetzt. Auch wenn es einfacher ist: Keine Metallwiderstände einsetzen! Auch keine Zementbunker! Und erst recht keine 4W-Metallschichtwiderstände. Zwei Watt in Draht oder Kohle. Auch wenn es altes Zeugs ist: Keine Hemmungen. Klangbildend sind die Dinger hier nicht, weil sie nicht im Signalweg liegen.

Das gilt mit einer Ausnahme: Zwei 100kΩ CC-Widerstände dienen als Spannungsteiler für zwei seriell geschaltete Siebelkos (die sich quer im Chassis verteilt haben). Hier sollte 2W-Metallschicht zum Einsatz kommen. Hier und an dieser Stelle müssen die Widerstände ihren Wert halten.

Wo wir gerade bei den Widerständen sind: Die 5W-Zementbunker an den Anoden der Endröhren werden ebenfalls sofort ersetzt. Auch diese Dinger werden mal schwach…

Diese Widerstände dienen übrigens neben der Erfassung des Anodenstrom auch als Schwingschutz! Zudem bekommt jedes Röhrenpaar einen 1Ω Kathodenwiderstand verpasst. Diese haben hier nur messtechnische Gründe (Ruhestrom) und haben keinen Einfluss auf die Leistung.

Achtung!

Man muss immer im Hinterkopf behalten, dass derartige Röhrenverstärker gut aufheizen. Die Montageart des Chassis begünstigt zudem eine erhebliche thermische Belastung aller Bauteile.

Besser zehnmal hingeschaut und einmal »umsonst« ein Bauteil ersetzt, als einmal zuwenig. Von »Interesse« sind auch die Keramikkondensatoren. Diese alten Dinger sind zwar hart im Nehmen, tendieren aber unter »Betriebstemperatur« zu einem unerwünschten Eigenleben.

Beim Einbau der Ersatz-Elkos muss die bisherige Führung der Schaltungsmasse beibehalten werden, da der Standy-Schalter nicht den Pluspol schaltet, sondern eben die Schaltungsmasse. Die Art, wie die Schaltungsmasse geführt wird, sollte nicht hinterfragt werden. So lassen und einfach tun.

Hinweis: Als Massebezug für alle Messung sollte nicht man nicht die Masse nehmen, an die die Endröhren (Kathode) hängen. Auch wenn es bequemer ist. Der Masseanschluss des ersten Siebelkos ist die bessere Wahl – dann wird man auch nicht in die Irre geführt (dazu später mehr).

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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