Sie haben keinen TPR1? Bekommen so etwas auch nicht für „Noppes“? Sie haben aber das „unstillbare Verlangen“ das Sie löten müssen und noch nach einem (guten) Röhrenvorverstärker suchen? Und das auch noch mit Phonovorverstärker? Na dann… Dieser Schaltungsvorschlag schöpft aus dem Vollen. Auch hier handelt es sich um eine SRPP-Schaltung. Und es werden Röhren verwendet, die für SRPP (bzw. Cascodenschaltung) konstruiert wurden.
SRPP Röhrenvorverstärker mit Phono
Diese Schaltung ist übrigens keine Idee von mir, sondern geistert bereits seit 2001 im Netz herum. Sie bringt sogar Ansätze mit, die später in Broskies „Aikido“-Röhrenvorverstärker einflossen.
Mit „geringen“ Änderungen, was hauptsächlich das Netzteil betraf, habe ich diese Schaltung mal zu einem abenteuerlichen Drahtverhau zusammengeklöppelt und war seinerzeit angenehm überrascht. Zeit also, diese Schaltung aus den Tiefen des Internets hervorzuholen. Bitteschön, das Schaltbild…
Röhrenbastler-Anfänger aufgepasst! So einfach diese Schaltung aussieht – sie ist es nicht! Im Gegenteil. Ein Problem was sich sofort einstellt, wenn sich nur ein kleiner Verdrahtungs-Fehler eingeschlichen hat: Brumm, Rauschen bis hin zu hochfrequenten Schwingneigungen. Welche Gefahren bei unterschiedlichem Massepotential lauern, sollte bekannt sein. Eine dicke Kupferader, quer über die Schaltung gelegt, mindert zwar die Gefahr, sie ist aber kein Allheilmittel. Ein HF-mäßiger Aufbau ist auch hier unbedingt anzuraten!
Der „SRPP-Kenner“ sieht sofort: Eine klassische SRPP-Schaltung – allerdings mit drei Besonderheiten:
Erstens: Es wird eine Röhre verwendet, die für derartige Schaltungen auch mal entwickelt wurde. In diesem Fall eine ECC84 (bzw. 6CW7). NOS-Liebhaber dürfte das freuen, denn diese Röhre gibt’s nur noch als „Neuer, alter, Bestand“.
Zweitens: Die erste Röhrenvorstufe sieht nur von weitem wie eine SRPP aus. Diese Beschaltung wird von Broskie später auf TubeCad als Mu-Follower bzw. SRPP+ bezeichnet. Acht Jahre nach Veröffentlichung dieses Röhrenvorverstärkers! Der Mu-Follower erfährt seine Wiedergeburt noch viel später im „Aikido“-Röhrenvorverstärker.
Dittens: Das Netzteil ist in die Kategorie „Spannungvernichtungs-Apparatur“ einzuordnen (und birgt zudem einen klitzekleinen Zeichnungsfehler). Derartige Netzteile sind im japanischen Raum – da stammt die Schaltung nämlich her – obligatorisch. Und da sind wir auch schon beim Thema:
Das Netzteil zum Röhrenvorverstärker
Da steht nach am ersten Siebelko (!) eine Spannung von über 435 Volt an. Mit Hilfe von mehreren Serienwiderständen (Siebwiderstände) werden über 150 Volt vernichtet (bzw. in Wärme umgesetzt). Über drei weitere Siebwiderstände (12kΩ/5W) in der eigentlichen Vorverstärkerschaltung werden daraus die einzelnen „Stufenspannungen produziert“ die zudem noch grosszügig mit je 47µF MKP gesiebt werden. Aus den 285 Volt des Netzteils werden rund 205 Volt bzw. 165 Volt für die einzelnen Verstärkerstufen.
So ein Netzteil ist wahrlich nicht der Weisheit letzter Schluss und es ist wirklich ratsam, die Versorgungsspanung ökonomischer „zu generieren“. Ausserdem wäre hier ein Röhrengleichrichter (eine EZ81 reicht vollkommen aus) keine schlechte Idee. Achtung: Auch wenn die EZ81 mit 6,3V beheizt wird, muss dieser Röhrengleichrichter hier über eine autarke Heizspannungsversorgung verfügen: Die ECC84 verträgt als Uf/k maximal 80 Volt, d.h. wir müssen die gleichgerichtete Heizspannung hochlegen. Die Heizspanung für die EZ81 bleibt bei 6,3V Wechselspannung und wird auch nicht hochgelegt!
Eine „dicke“ Drossel ist zudem eine gute Idee. Alternativ ein Gyrator der theoretisch etwa 5 Henry „simuliert“. Wie das Netzteil weiter gestaltet wird, überlasse ich Ihnen. So ist es z.B. „etwas unsinnig“, über die drei Siebwiderstände in der Verstärkerschaltung (12kΩ/5W) 80 Volt zu verbraten… Des weiteren sind 47µF MKP’s nicht unbedingt klein – gute Elkos tun es auch. Ich hatte seinerzeit „nur“ 22µF eingesetzt. Optional kann man diesen Elkos noch einen 1µF MKP parallel schalten. Diese Siebkapazitäten sind aber auf jedenfall direkt an den SRPP-Verstärkerstufen anzubringen. Lange Kabelwege „produzieren“ hier Unfug.
SRPP Phono-Vorverstärker
Wie üblich ist der Phonovorverstärker zweistufig. Das mickrige MM-Signal (20 Millivolt) wird auf 480 Millivolt (!) verstärkt. Die nachfolgende Verstärkerstufe pumpt das Signal nochmals auf knapp 6 Volt (!) auf. Erst dann folgt die Entzerrung. Das passive RIAA Entzerrernetzwerk schwächt das Signal auf etwa 600 Millivolt wieder ab.
Damit ist dieser Phono-Vorverstärker konzeptionell anders aufgestellt, als die hierzulande bekanntere Schaltung wo eine ECC83 hoch verstärkt, das Signal dann durch ein passives Entzerrernetzwerk schleust und die nachgeschaltete ECC81-SRPP das wieder mickrige Signal enorm verstärken muss (und genau das ist bei dieser Schaltung die Schwachstelle… unter anderem).
Achtung! Der Verfasser dieser Schaltung war mit dem RIAA-Entzerrernetzwerk im Schaltplan nicht ganz zufrieden. Es folgte eine Revision und eine Konsultation meines Sensei, um das Japanische ins Deutsche zu übersetzen. Der Verfasser sagt klipp & klar, dass der 0,022µF Kondi nur aus klanglichen Gründen so gewählt wurde. Und das noch als Öl-Papier eines bestimmten Herstellers! Rein rechnerisch ist ein Wert von 0,01923µF der richtigere Wert. Im Umkehrschluss bedeutet das: Man soll sich nicht sklavisch an den berechneten Wert halten. Experimente sind erlaubt, was Kapazität und Kondensatortyp angeht.
Die RIAA-Korrektur im Original:
SRPP Line-Vorverstärker
Im Zuge der zuvor genannten Änderung ist das Lautstärkepoti jetzt mit 50kΩ zu dimensionieren. Der Rest der Schaltung ist eine typische SRPP. Diese verstärkt auf über 6 Volt! Das dürfte selbst für eine dicke Endstufe zuviel des Guten sein. Ein Übertrager (10kΩ:600Ω) reduziert das Signal auf „handliche“ 2,5 Volt und erlaubt eine symmetrische, erdfreie, Kabelverbindung zur Endstufe (Potentialunterschiede dürfte es wohl eher nicht geben).
Das die Übertrager nicht in die Nähe des Netztrafos zu positionieren sind und zudem Mu-Metall gekapselt sein sollten, braucht man, glaube ich, nicht zu erwähnen. Die Qualität dieses Vorverstärkers steht und fällt mit eben diesem Bauteil.
Viel Spass beim nachbauen!