Übertrager für Röhrenverstärker

Streuinduktivität.

Oftmals wird aus werbetechnischen Gründen nur die unerwünschte Streuinduktivität erwähnt und wie gut man diese »im Griff« hat.

Werbetechnich gesehen völlig Banane – Seit wann wirbt man exessiv mit Negativmerkmalen?

Quer- und Längsinduktivität

Von der Quer- oder Längsinduktivität redet man dagegen kaum, obwohl diese eine weitaus wichtigere Rolle spielen. Alle drei »Induktivitätsarten« sind unzertrennbar miteinander verbunden.

Das Eine geht nicht ohne das Andere…

Die Quer- und Längsinduktivität sind dabei keine feststehen Grössen die sich etwa aus dem primären Spulenwickel (»Röhrenseite«) ableiten liesse – bedingt durch die magnetische Kopplung (durch das Eisen) mit der sekundären Spule (»Lautsprecherseite«) ändert sich die Grösse der Induktivität.

Vereinfacht ausgedrückt: Eine Übertrager, der für 8Ω-Lautsprecher entwickelt wurde, ändert seine Daten, sein Verhalten, wenn 4Ω-Lautsprecher angeschlossen werden. Das muss nicht nachteilig sein!

Die Induktivität ändert sich auch mit Änderung des Stroms (nicht Spannung). Und das trifft man bei Röhrenverstärkern sehr oft an…

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Die Querinduktivität bildet einen Hochpass mit der unteren Grenzfrequenz fu – die über fu liegenden Frequenzen werden »durchgelassen«.

Die Längsinduktivität ist ein Tiefpass mit der oberen Grenzfrequenz fo – niedrigere Frequenzen als fo können fast ungehindert »passieren«.

Die jeweiligen Grenzfrequenzen werden aus der Übertragungsfunktion (»Formelkram«) ermittelt. Nach dieser Berechnung ergibt sich zB., dass für eine gute Tiefenwiedergabe eine möglichst grosse Querinduktivität erforderlich ist.

Die Querinduktivität wird hierbei als Hauptinduktivität angesehen und die Längsinduktivität als »Inductance non grata«.

Wirbel um Verschachtelungen

Nun kann man aber die Querinduktivität nicht unbegrenzt nach oben schrauben (bzw. den unteren Frequenzbereich nicht beliebig weit nach unten legen), denn mit zunehmender Querinduktivität wächst auch die den Übertragungsbereich in den Höhen begrenzende Streuinduktivität.

Um nun einen HiFi-tauglichen Übertrager zu erhalten, der zudem eine geringe Streuinduktivität aufweist, muss man »tricksen«.

Mit einer normalen Netz-Transformatorwicklung erreichen wir das Ziel also so nicht. Deshalb müssen die Wicklungen verschachtelt werden.

Das Bohei um (beispielsweise) »10-fach verschachtelte« Übertrager ist daher nur eins: Nämlich das Hervorheben einer Mindestanforderung.

Haben Sie schon mal gesehen, wie die Automobilindustrie die Notwendigkeit von Räder und deren Anzahl hervorhebt?

Und überhaupt: Was soll mir die bloße Nennung »x-fach« verschachtelt überhaupt sagen? Ohne weitere Angaben (zB. Frequenzbereich) ist diese Aussage nutzlos.

Ein anderer, fragwürdiger, Parameter ist die Nennung der Querinduktivität-Grösse (in Henry). Wie bereits aufgeführt, sind »diese Henry’s« nicht nur frequenzabhängig, sondern (wie noch beschrieben wird) auch noch leistungsabhängig.

Was kann (soll) man denn mit mit diesen Daten allein anfangen?

Ich habe noch nie einen Schaltplan gesehen, der für den Ausgangstrafo (Übertrager) vorschreibt, wieviel Henry’s die Querinduktivität aufweisen soll und wie gross die maximale Streuinduktivität zu sein hat.

Lediglich der Ra bzw. Ra/a wird genannt. Aus diesen Plänen ist weiterhin »nur« zu ermitteln, welche Spannung anliegt und was da an Strömen (!) fliesst.

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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