Übertrager für Röhrenverstärker

Leistung & Frequenzen

Bei einem für HiFi- und HighEnd-Röhrenverstärker gedachten Ausgangsübertrager sollte der Maximalwert der Induktion bzw. Eisen-Magnetisierung (Maßeinheit Tesla, T) so hoch gewählt werden, dass die für die untere Grenzfrequenz (fu z.B. 20Hz) geforderte Ausgangsleistung gerade erreicht wird.

Unterhalb dieser Grenzfrequenz wird (soll, muss) sich dann bei Vollaussteuerung infolge der Sättigung des Eisens ein starker Leistungsabfall zeigen.

Die »berühmte« Minus-Dezibelangabe, z.B. -3dB welches übrigens standardisiert ist, greift da bereits etwas früher.

Werden andere Werte genannt, muss man diese im Kontext sehen – und das ist auch nur etwas für graduierte Verstärkerbastler. »Krumme« Dezibelwerte allein, z.B. Werte kleiner gleich -1dB (das hat wirklich nur akademische Bedeutung) oder -2dB sind oftmals ein Indiz, dass »etwas« mit den angegebenen (Frequenz-) Daten nicht stimmt.

Nochmals: An den Eckpunkten des Frequenzbereich (untere / obere Grenzfrequenz) muss ein deutlicher Leistungsabfall stattfinden. Ein Übertrager, der bei Nennleistung (!) Frequenzen unterhalb 20 Hertz nur mit 0,1dB abschwächt ist, vorsichtig ausgedrückt, ein technisches Wunderwerk.

Die »Eigenart« eines jeden Übertragers ist nämlich, dass er im unteren Leistungsbereich wesentlich bessere Daten aufweist, als z.B. bei Nennleistung. Wird ein auf 10 Watt konzipierter Übertrager nur mit 500 Milliwatt (mW) »gefahren«, können daher Daten »produziert« werden, die wirklich phantastisch sind.

Die Daten können bei 5 Watt allerdings schon ganz anders aussehen. Eine Leistungs-Überdimensionierung ist in vielen Fällen – allein aus dieser Sichtweise – schon sinnvoll.

Mal wieder ein Beispiel mit der 300B:

So ein Eintakter schafft mit Ach und Krach gerade einmal 8 Watt. Leistungsmäßig reicht hier ein M74-Übertrager. Der Übertragungsbereich wird aber hierbei schon mehr wie deutlich beschnitten (bedingt durch die Vormagnetisierung des Eisens).

Mit der nächst höheren Kerngrösse M85 schafft man zumindest noch etwas »Brauchbares« – mehr aber auch nicht. Modernes HiFi gibt es erst ab der 102’er Grösse.

Zum besseren Verständnis: Dezibel – Prozent

Wenn man nun die -3 dB-Angabe mit Prozent gleichsetzt (Ist nicht korrekt – ich weiss), dann ist bei der unteren Grenzfrequenz ein Leistungsabfall von 30% (bezogen auf die Gesamtleistung, also 100%) hinzunehmen.

Um nun auch im Bereich der oberen Grenzfrequenz die Nennleistung des Verstärkers dem Lautsprecher zuzuführen, muss die hierbei entstehende Streuinduktivität – wie bereits erläutert – so klein wie möglich gehalten werden.

Eine entsprechende Anzahl von Verschachtelungen wirken dem entgegen. Dazu kommen die Lagenisolation. Das alles wirkt sich jedoch negativ auf die Wickelhöhe des Übertragers aus, denn die sollte so gering wie nur möglich gehalten werden.

Der zur Verfügung stehende Wickelraum sollte also in der Höhe nur zu einem Teil ausgenutzt werden. Kleinere Kerne versuchen dies zu kompensieren, indem entweder mehr Wicklungen aufgebracht werden oder ein anderes Eisenmaterial gewählt wird (meist in Kombination von beiden Möglichkeiten).

Daher muss, um niedrige Windungszahlen (und damit Induktivität) zu erreichen, der Kernquerschnitt mehr als reichlich bemessen werden. Der Ausgangsübertrager muss dann also etwas »wuchtiger« ausfallen.

Hier bewahrheitet sich der alte Spruch: »Gegen miese Klang-, Frequenz- und Wirkunsgradeigenschaften hilft nur eines: Eisen. Viel Eisen.«

Aber Achtung: Es gibt auch Übertrager mit ganz viel Eisen aber mit ganz wenig Kupferdraht. Das ist natürlich auch nicht das Gelbe vom Ei.

So mancher Bastler begrenzt (auf Herstellerempfehlung) z.B. die untere Grenzfrequenz »künstlich« – um den Übertrager nicht zu »überfordern« bzw. ihn nicht zu früh in die Sättigung zu treiben. Sorry, das ist Bullshit.

Also, wenn ein Übertrager deshalb zu früh in die Sättigung gerät, dann ist der Übertrager… falsch dimensioniert. Ganz einfach. Das trifft man öfter an, als man denkt.

Die häufig aufgeführten Darstellungen und Anpreisungen kleinerer Kerne, links oder rechts kornorientiertes Eisen, soundsoviel Verschachtelt, mit soundsoviel Induktivität sollten unter Berücksichtigung der »subjektiven Meinung« des Herstellers betrachtet werden.

Kurz und gut: Alle Leistungsdaten sollten sich idealerweise auf die maximale Belastung bzw. Leistung des Übertragers beziehen.

Was nützt mir ein Frequenzgang von 15Hz bis 30kHz -0,5dB, wenn diese Daten bei 100 Milliwatt ermittelt wurden?

Alles, was Otto-Notmalbastler bei der Übertragerwahl berücksichtigen sollte, ist: Welche Röhre, Gegentakt / Eintakt, Betriebsspannung, die zu fliessenden Ströme und Impedanz.

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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