Ein EL84-Verstärker

Die Reparatur

Ich nehme es mal vorweg: Dieser EL84’er verlangte einiges an wohlwollende Toleranz ab… Da ist die doch sehr speziell geroutete Platine und fleissige Hände die sich bemüht hatten… Dann wollen wir mal…

Da wäre zunächst die Platine. Eine. Da sitzt alles drauf. Zunächst sieht auch alles picobello aus. Auffällig der Gleichrichter, der in einem 500W-Verstärker eine gute Figur abgeben würde. Von den Überseekabeln vom Übertrager zu den Lautsprecherbuchsen ganz abgesehen. Punkteabzug gibt’s aber sofort wegen dieser Platine und den fehlenden Lüftungslöchern.

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Die schöne Optik bekommt zwei Knicks: Wo sind die Verbindungskabel zu den Trafos? Und was hat das »kleine Schwarze« da zu suchen?

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Das »kleine Schwarze« war mal ein 2W-Vorwiderstand für die Schirmgitter. Jetzt ist er mausetot, der Widerstand. Sein Kollege im anderen Kanal war die Anstrengung auch schon anzusehen und zeigte Anzeichen einer Gelbsucht.

Je Widerstand wurden so zwei Schirmgitter mit einer festen Spannung »gefüttert«. Pentodenmodus, eben. Das Schirmgitter einer EL84 kann mit maximal 2W belastet werden. Selbst wenn je EL84-Schirmgitter nur zur Hälfte belastet werden, dann ist ein 2W-Widerstand eben doch etwas knapp.

Hätte, hätte… Fahrradkette

Hätte man für Lüftungslöcher gesorgt, hätte man den Braten deutlich riechen können. Glauben Sie mir – so etwas riecht nach Kernschmelze. Und so eine kokelnde Platine ist auch nicht unbedingt ein Odeur. Vielleicht hätte man auch die Rauchfahne erkennen können. Aber so…?

Der Kanalausfall wäre damit geklärt. Ohne (die richtige) Spannung am Schirmgitter ist eine Pentode wertlos. Einfach ersetzen und zur Tagesordnung übergehen, ist allerdings die falsche Strategie. Wenn’s im Bereich Schirmgitter brodelt, dann ist da nämlich etwas ganz oberfaul.

Den nächsten Punktabzug fängt sich dieser EL84’er wegen der nicht gerade Servicefreundlich verbauten Platine ein. Um überhaupt daran arbeiten zu können, musste die Yoga-Übung »schwebender Lötkolben in Dienerstellung« ausgeführt werden. Weil da nämlich ein paar (zu kurze) Kabel von der Platinenunterseite abgelötet werden mussten.

Das Herauszeichnen der Schaltung war wegen der Leiterbahnführung dann eben nicht ganz so »easy«. Hat man da beim Layoutentwurf einen Praktikanten unbeaufsichtigt an den Computer gelassen?

Falsch gesichert

Ausgerechnet im Netzteil der BIAS-Spannung findet sich eine Schmelzsicherung. Artikel 9 des Kölner Grundgesetzes: »Wat soll dä Kwatsch?«

Wenn’s die Sicherung – warum auch immer – durchhaut, dann verkehrt sich die angedachte Schutzfunktion aber ganz flott in’s Gegenteil. Ganz besonders, wenn auch noch 5W-Kathodenwiderstände verbaut wurden. Also, glühende Anodenbleche, qualmende Widerstände, abgefackelte Leiterbahnen… Kurz gesagt: Apokalypse.

Früher war – das nur nebenbei – dem Ruhestromregler quasi ein Widerstand parallel geschaltet. Bei Ausfall des Reglers, was durchaus vorkam, sorgte dieser Widerstand dafür, dass in jedem Fall eine ausreichende negative Vorspannung am Gitter der Endröhre anlag. Jaja, die Altvorderen…

Aus der zuvor genanten Gesetzgebung kommt nun Artikel 4 zur Anwendung: »Wat fott es, es fott.« Der Witz: Nach alter Väter Sitte war die Ruhestromreglung hier auch beschaltet und nicht so, wie im Schaltplan – den ich später bekam – dargestellt.

Ach ja. Das »kleine Schwarze«…

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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