Upcycling Music Angel 300B-Verstärker

Business as usual?

Nun, ehrlich gesagt, nicht ganz. Ich hatte zwar eine Vorstellung, wie (und vor allem womit) dieser 300B-Verstärker so im groben aufgebaut werden sollte, es sollte sich jedoch (wie üblich) herausstellen, dass die Theorie der Praxis angepasst werden musste. Die Kunst besteht übrigens darin, es nicht so aussehen zu lassen…

Der 300B-Verstärker von Music Angel kommt mit zwei Mini-Induktivitäten (2H-Drosseln) daher. Diese sind in Reihe zu schalten (Anschlussreihenfolge beachten!) Eine Drossel befindet sich dabei im Plus-, die Andere im Minus-Zweig der Spannungsversorgung. Beim Einbau dieser Drosseln sollte sich dann die eingangs erwähnte „Werkstatt-Weisheit“ bewahrheiten: Die Befestigungsschrauben waren nämlich Baumarkt- und Heimwerkerunüblich: Entweder M3,5 (Wer braucht schon M3,5?) oder sogar Zollmaß…

Wo wir schon beim Thema „Schraube und Mutter“ sind: Gezahnte Unterlegscheiben sind wirklich kein überflüssiger Luxus… Die Anodenspannungen der beiden 300B beträgt bei je 60mA Ruhestrom übrigens gut 400V. Punktlandung.

Die Netzteilplatine beheimatete nur Siebkondensatoren und eine Timerschaltung die nichts zu timen hatte. Also, nur eine kleine Showeinlage beim Einschalten darbot. Wech damit…

Der EF36 sagt man nach, dass sie so ihre Eigenarten haben soll. Wenn sie bis zum Kotzen ausgefahren wird, dann bestimmt. In diesem 300B-Verstärker benimmt sie sich „unauffällig“. Wichtig ist die Heizungssymmetrierung mit – korrekterweise – zwei 47Ω-Widerständen.

Streitthema Gegenkopplung: Ist eigentlich nicht nötig. Da ist ja eigentlich nichts, was man korrigieren oder stabilisieren müsste. Eigentlich.

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Uneigentlich erhöht aber selbst eine dezente Gegenkopplung den Dämpfungsfaktor – besonders bei Trioden-Verstärker. Heisst: Der Verstärker kann den Lautsprecher besser kontrollieren (Rückwirkung Lautsprechermembran). Uneigentlich auch, weil auch eine dezente Gegenkopplung einen gewissen Schutz gegen „plötzlich abfallende“ Lautsprecherkabel darstellt. Zumindest kurzzeitig.

Ergebnis

Besser als gehofft. An 8Ω gut 8W bei etwa 2V Input. Der Klang ist präzise und auflösend – mit einem dezenten Weichzeichner. Trotzdem: Die Pauke paukt, das Saxophon saxt „ob-szön“ und die Chimes legen eine feine Schicht Feenstaub auf’s menschliche Trommelfell. Von der ehemaligen Soundmaschine ist nichts mehr da.

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Das Gefühl eines richtigen, rotzigen Blues kann dieser 300B-Verstärker gut vermitteln. Auch beim Bass eines Frank Fischer kann man „Du“ zu sagen. Was allerdings nicht mehr ganz so viel Spass macht ist, wenn’s allzu wild wird. Lemmy und 300B-Verstärker passen eben nicht so recht zusammen.

Aber… Viel wichtiger: Das Ding kann Noppenpelle. Zum Beispiel mit Anette Askvik, „Liberty“ Doppel-LP von 2011, das gleichnamige Stück. Zumindest die Importscheiben, die mit 45 Umdrehungen rotieren müssen, eine wirklich saugute Pressung allererster Kajüte.

Und nun: Werkbank klar Schiff machen für zwei besondere Patienten

frihu

…hört gerne Musik. Über Röhrenverstärker. Musikrichtung egal. Ausser Jazz, Hip-Hop, House, Metal, Trash, Schlager, Volksmusik, Gangsta-Rap (noch schlimmer, wenn in Deutsch gebrüllt). Da krieg' ich ein Hörnchen. Autor der Bücher: Hören mit Röhren, Röhrenschaltungen und High-End Röhrenschaltungen. Artikel in hifi-tunes (Röhrenbuch 2): Bauteileauswahl für Röhrenverstärker und EL509 Single-Ended Röhrenverstärker im Selbstbau

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